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Gegenstand der Auktion:
Besterhaltenes orig. "Schwarzwälder Uhrenträger / Uhrenmännchen", 42cm hoch mit funktionstüchtiger Pendeluhr, kein Schlüssel mehr vorhanden, vermutlich 19. Jahrhundert
Bekanntermaßen war die Schwarzwaldregion im 18. und 19. Jahrhundert das europäische Zentrum von Stand- und Wanduhren, vielfach auch teilanimierte sog. Flötenuhren und Schilderuhren
Diese großen Uhren wurden im "Haus zu Haus" Verkauf von Wandernden Uhrenhändlern angeboten und vertrieben, die sog. "Uhrenträger", weil sie zumeist mehrere große Wanduhren auf dem Rücken trugen
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts kamen kleine Tischuhren / Standuhren um die 40cm Höhe in Mode und auf den Markt, welche den Schwarzwälder uhrenträger in Miniatur nachbildeten, zumeist war eine ganz kleine aber funktionstüchtige, mechanische Uhr - wie bei dem Exemplar dieses Angebotes - auf der Vorderseite montiert
Selten findet man heute orig. Uhrenträgerfiguren mit funktionstüchtiges Uhr aus Vollgussmetall vollständig und in derart guter Erhaltung. Das alles ist bei dem Artefakt dieses Angebotes der Fall:
42cm hoch, Vollguss Metall, funktionstüchtige, mechanische Pendel Frontuhr mit römischen Ziffern und herrlichen Details, wie einer von Hand gemalten Windmühle, Handbemalung hervorragend erhalten, wenn auch etwas eingedunkelt im Laufe von bis zu 170 Jahren
Frontuhr läuft an und durch (Ganggenauigkeit nicht geprüft)
EZ: 1-2: kaum erkennbare Alters- oder Gebrauchsspuren, vollständig mit Pendel ohne Schlüssel
Holzuhren wurden nicht nur im Schwarzwald hergestellt, viele andere Regionen taten dies im gleich. So verwundert es auch nicht, dass auch dort die Holzuhren von Uhrenträger auf den Straßen zum Verkauf angeboten wurden. Die Grafik zeigt einen solchen hausierenden Schweizer Uhrenträger vor einem Bauernhaus mit dessen Bewohnern. Was er da auf seinem Buckel und vor der Brust trägt scheinen keine Schwarzwälder, sondern Schweizer Holzuhren zu sein.
Auf der Rückseite der Grafik ist vermerkt: Umkreis Wolfgang Adam Töpffer (Genf 1766 - 1847 Morillon), das kingt gut und mag vielleicht verkaufsfördernd sein, sagt aber eigentlich nicht viel aus. Das Blatt ist Signiert mit dem Monogramm: A. A.. Verschiedene Elemente geben Anlass dazu, die Darstellung glaubhaft in die Schweiz zu verorten.
Bleistiftzeichnung und Aquarell mit Weißhöhungen auf Papier, um 1850
Uhrenhändler aus: "Die Schwarzwälder Uhr", Adolf Kistner , Karlsruhe 19272. Juli 2023
Beim Recherchieren zu meinem Uhrenheftle bin ich in Adolf Kistners Abhandlung:" Die Schwarzwälder Uhr" von 1927, auf eine Abbildung gestoßen, die den Schweizer Uhrenhändler zeigt. Dank seinen guten Quellenangaben konnte ich auch gleich ein Buch bestellen, in der Hoffnung das es weitere Nachforschungen ermöglicht.
Schwarzwälder Uhrenhändler, Umdruckbild auf einem Tablett (um 1850), aus: Führer durch die Sammlung, Königlich Württembergisches Landes-Gewerbemuseum Stuttgart 1913, S. 552. August 2023
Nachdem die erste Bestellung des Buches mich nicht erreichte, habe ich also den: "Führer durch die Uhrensammlung", der Königlich Württembergischen Landes-Gewerbehalle von 1913 noch ein zweites mal bestellt.
Nun kann ich schon mal erkennen, dass auf dem Tablett das Bild mit "Der Uhrenhändler" betittelt ist. Nun kann ich auch mal direkt nach dem Objekt forschen, vielleicht gibt das noch weitere Information preis.
Der Schwarzwälder Uhrenträger, der durch die Lande zog um die Holzuhren zu verkaufen, wurde, wie z.B. auch der Schwarzwälder Uhrmacher, schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in romantisierenden Darstellungen in vielen Büchern und Zeitschriften beschrieben. Der Titel der Abgebildeten Postkarte, mit Poststempel von 13. März 1907, heißt auch: Schwarzwald Idylle. Der Hausierhandel war genau geregelt und sollte nicht in Konkurrenz treten zu den ansässigen Gewerbetreibenden. Die gesetzlichen Regelungen waren von Land zu Land verschieden. In der Fotogalerie ist ein Auszug der Verfügungen für das Wandergewerbe und den Hausierhandel des Königreichs Württemberg vom 15. März 1851 wiedergegeben.
Am 25. Oktober 1862 trat im Großherzogtum Baden das neue Gewerbegesetz in Wirksamkeit, mit dem die Gewerbefreiheit weitgehend umgesetzt wurde. Bereits in den Jahrzehnten zuvor wurde schon Schrittweise darauf hingearbeitet. Die folgende Aufstellung soll einen Einblick geben in das bunte Treiben auf den badischen Straßen dieser Zeit.
"In der Zeit vom 15. Okt. 1862 bis 15. April 1863 wurden von sämmtlichen Aemtern des Großherzogthums Hausier-Ausweise ertheilt: an Inländer 5865, an Ausländer und zwar: aus Bayern 1085, Württemberg 557, Preußen 453, Oesterreich 321, Hessen Großherzogthum 92, Nassau 54, Hessen Kurfürstenthum 47, Sachsen Königreich 11, Sachsen-Koburg 5, Luxemburg 3, Sachen Meiningen 3, Lippe Detmold 2, Sachsen-Weimar 1, Oldenburg 1, Frankfurt 1, Italien 161, Frankreich 86, der Schweiz 75, den Niederlanden 15, Belgien 2, Centralafrika 1, Persien 1, zusammen 2979, Gesammtzahl aller Hausier-Ausweise 8844" (Quelle 4, S. 259-260). Die Graphik "Tryberger Volkstracht" zeigt in der Mitte einen einheimischen Uhrenträger und rechts daneben eine Frau mit Stroh und Strohgeflecht.
Die Postkarte Zeigt Franz Beha (1817-1907) von Neukrich (bei Furtwangen), genannt der Mühle-Franz. Das Foto stammt von Alfred Wehrle, Furtwangen 1897.
Der Mühle-Franz hat seine historisierende Holzuhren als Raritäten an die Touristen verkauft.
Bemerkenswert:
Das ist eine Mütze die er auf dem Kopf trägt.
Der Uhrenträger war nicht nur in den deutschen Zeitschriften ein Artikel wert, auch in vielen ausländischen Illustrierten findet man ihn immer wieder. Den Anfang zur Sammlung ausländischer Darstellungen macht die Graphik "Costumi del Granducato d Baden" aus einer italienischen Zeitschrift von 1869. Leider ist es mir bis jetzt noch nicht gelungen, den Namen der Zeitschrift herauszufinden.
Im Januar 1828 macht sich der Uhrenhändler Christan Salenbach aus Ober-Glottertal auf, um in Frankreich mit Schwarzwälder Uhren zu handeln. Neben den Behörden und Polizeistempel ist auf der Rückseite ein Visa Stempel aus Belfort, womit man annehmen darf, dass er dort seine Uhren verkaufen wollte. Der Vordruck des Reisepass ist einsprachig. Eine französiche Behörde hat zusätzlich die auf französich übersetzten Personendaten wie Alter, Größe und Haarfarbe handschriftlich auf den Pass geschrieben.
Maße:
Höhe: 42 cm
Breite: 25,5 cm
Um 1900 war der Uhrenträger Botschafter und Identifikationsfigur für den Uhrenmachenden Schwarzwald. Heute ist er vom Schwarzwaldmädel, Bollenhut, Kirschtorte, Kirschwasser und dem Speck etwas in den Hintergrund gedrängt worden. Man fand ihn auf Geldscheinen, wie den abgebildeten Notgeldscheinen, Werbemarken, Wegweisern und Schaufensterfiguren um nur einige zu nennen.
Widerrufsbelehrung
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