Zum dritten Jahrestag des Todes Max Reinhardts.
Am 14. Juni 1945 starb in Kalifornien der große Regisseur und Theaterdirektor Professor Max Reinhardt (ursprünglich Maximilian Goldmann), der Erneuerer der deutschen Bühnenkunst. Im Oktober 1905 übernahm Reinhardt die Leitung des Deutschen Theaters in Berlin, das er durch drei Jahrzehnte zu künstlerischem Weltruf führte.
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September 1873 in Baden (Niederösterreich); gestorben am 31. Oktober 1943 in New York) war ein österreichischer Theater- und Filmregisseur, Intendant, Theaterproduzent und Theatergründer. Er hat mit seiner Jedermann-Inszenierung am 22. August 1920 die Salzburger Festspiele begründet. Reinhardt schätzte das „illusionistische, sinnenbetörende Theater-Fest, das nichts mit dem Alltag, schon gar nichts mit Politik zu tun haben sollte“. Durch die dramaturgisch motivierte Verwendung der Drehbühne, plastische Dekorationen, die Arbeit mit festen Seitentürmen und Treppen als Auftrittsmöglichkeiten, den Rundhorizont mit seiner Tiefendimension, die indirekte Beleuchtung, das Spiel auf Podien, die in den Zuschauerraum hineinragen, und auf der Arenabühne, die Massenregie oder das Kammerspiel-Konzept setzte Reinhardt vielfältige, in der Breite wirksame Impulse zur Erneuerung der Theaterkunst. Leben Herkunft und Jugend Seine Eltern waren der aus Stampfen bei Pressburg stammende jüdische Kleinhändler Wilhelm Goldmann (1846–1911) und dessen Frau Rosa, geborene Wengraf (1851–1924), aus Brünn. Die erste Firma von Wilhelm Goldmann war gerade im Verlauf des Gründerkrachs in Konkurs gegangen, als Max am 9. September 1873 in Baden bei Wien zur Welt kam, wo die Familie den Sommer verbrachte. Max war das älteste von acht Kindern; er hatte vier Brüder und drei Schwestern. Nach dem Besuch der Realschule, die er schon Anfang 1888 mit 15 Jahren verlassen musste, und der Bürgerschule ging der als „stiller, sehr scheuer Bub“ bekannte Schulabgänger zunächst anderthalb Jahre bei dem Fabrikanten Heinrich Teltscher in die Lehre. Sowohl in Teltschers Weberei als auch bei einer anschließenden einjährigen Bank-Lehre sollte Max Goldmann sich nach dem Willen seiner Eltern kaufmännisches Denken aneignen. Ausbildung zum Schauspieler und erste Engagements in Wien Erst anschließend willigten seine Eltern ein, dass er Schauspielunterricht erhalten durfte, unter anderem bei dem Burgtheater-Statisten Rudolf Perak. Max Goldmann debütierte im April 1890 an einer Wiener Privatbühne, dem „Fürstlich Sulkowsky Privat-Theater“ in Matzleinsdorf. Er spielte auch auf Vorstadtbühnen und „erprobte sich in Schwänken, Possen, Volksstücken“. Nach seinen ersten Auftritten nahm er Privatunterricht bei dem ehemaligen Königlich Sächsischen Hofschauspieler und Konservatoriums-Professor Emil Bürde. Damals nahm er den Künstlernamen Reinhardt an. Vorbild war wahrscheinlich die Person des Reinhardt in Theodor Storms Novelle Immensee. 1904 wurde auch der Name seiner Frau und der Kinder in Reinhardt geändert. Mit achtzehn Jahren erhielt Max Reinhardt ein erstes festes Engagement an einem Wiener Vorstadttheater, dem Volkstheater Rudolfsheim. Dort spielte er im Januar 1893 neben dem wenige Monate jüngeren Karl Kraus den Spiegelberg in Schillers Die Räuber. Es erwuchs eine Rivalität von Kraus gegen ihn, die mehrere Jahrzehnte anhielt. „Karl Kraus wurde Reinhardts Intimfeind und sollte dessen Wirken in den nächsten drei Jahrzehnten mit galliger Kritik begleiten.“ Außerhalb Wiens trat Reinhardt erstmals zwischen Mai und September 1893 im Rahmen eines Sommerengagements in der Sommerarena Pressburg auf, unter anderem in dem allegorischen Zauberstück Fee Million von Karl Elmar und Karl Kleiber. Schauspieler in Salzburg Im Oktober 1893 übernahm er ein Engagement am neueröffneten Stadttheater Salzburg. Dort spielte er 52 unterschiedliche Rollen an 175 Tagen in einer Spielzeit. „Verwandte waren mit einem Zuschuss eingesprungen, damit der Nachwuchsschauspieler ein Engagement am Salzburger Landestheater antreten konnte – mit der damals vorausgesetzen Grundgarderobe.“ Die Salzburger Presse lobte sein schauspielerisches Talent sehr. Schauspieler am Deutschen Theater in Berlin Der designierte Direktor des Deutschen Theaters in Berlin Otto Brahm, der ein Vertreter der Moderne und des Naturalismus war, hatte Reinhardt bereits in Rudolfsheim entdeckt. In Salzburg bot er ihm nun ein Engagement an seinem Hause an. Max Reinhardt wechselte zum 1. September 1894 in das „künstlerisch bedeutendste und kulturpolitisch progressivste Theater der Reichshauptstadt.“ Die Rollen, die er dort übernahm, füllten ihn aber zunächst nicht zur Gänze aus. Schon bald stellten sich Eindrücke der Stagnation ein, wie Reinhardt im Herbst 1895 notierte: „Ich komme in meinem Beruf nicht voran. Gewiss, ich bilde, ich vervollkommne mich, mein Gesichtskreis wird von Tag zu Tag weiter gerissen, aber das quälende Unterbewusstsein in meinem Beruf stehenzubleiben und nicht weiterzukommen. [...] Und was soll ich mit der brennenden Schaffenslust, die bei jedem Anlass hellauf lodert? Sie auf andere Gebiete lenken?“ – Max Reinhardt, Tagebuch-Eintrag, Oktober 1895 Erste eigene Ensembles Max Reinhardt beteiligte sich mit Berliner Schauspielkollegen vom Deutschen Theater wie Josef Kainz, Friedrich Kayssler, Richard Vallentin und Eduard von Winterstein ab dem Sommer 1895 mehrere Jahre lang an Sommergastspielen unter eigenen Namen in Prag und anderen Städten. Eduard von Winterstein blieben diese Zeit im Kreis Gleichgesinnter als „einige Wochen reinster Freude in Erinnerung.“ 1897 kam Max Reinhardt mit Else Heims zusammen, einer Offizierstochter, deren gesellschaftliche Stellung ihm den Einstieg ins bürgerliche Leben erleichtern und die Türen in die besseren Berliner Kreise öffnen sollte. Mit der Sängerin Auguste Kornfeld hatte er außerdem die uneheliche Tochter Jenny Kornfeld (1899–1972). Etwa 1898 gründete Max Reinhardt mit jungen Kollegen vom Deutschen Theater wie Martin Zickel die Kabarettgruppe Die Brille, die bei kleinen Anlässen Satiren und Parodien aufführte. Im Juli 1900 reiste er mit Mitgliedern der Secessionsbühne, einem jungen Ensemble, das Zickel ebenfalls gegründet hatte, zu einem Gastspiel nach Budapest und Wien. Bei Ibsens Komödie der Liebe am 13. und 14. Juli 1900 wurde er erstmals als Regisseur genannt. Wahrscheinlich führte er auch bei weiteren Inszenierungen dieser Tournee Regie. Er glänzte in Charakterrollen, vor allem alter Männer, was ihm schon in seiner Jugend gelegen hatte, „da konnte ich meine Schüchternheit hinter einem langen weißen Bart verstecken.“ Am Deutschen Theater übertrug ihm der Regisseur Otto Brahm zunehmend auch Hauptrollen wie Mephisto und Michael Kramer, doch die „ganz großen Rollen füllte Reinhardt nicht aus.“ Kleines Theater in Berlin Ab Herbst 1900 trat Reinhardt dazu mit befreundeten Schauspielern wie Martin Zickel und Friedrich Kayßler als Kabarett „Schall und Rauch“ auf und präsentierte satirische Szenen und Parodien, als willkommene Abwechslung vom „strengen Korsett des Naturalismus.“ 1901 konnten sie ein eigenes Theater Unter den Linden mieten. Ab Herbst 1902 spielten sie dort vor allem Stücke zeitgenössischer Autoren wie Hofmannsthal, Schnitzler und Wedekind, Ibsen und Strindberg, Gorki und Wilde. Am 1. Januar 1903 übernahm Max Reinhardt die Leitung des Kleinen Theaters, nachdem er das Deutsche Theater verlassen hatte. Kurz danach gelang der größte Erfolg mit Maxim Gorkis Nachtasyl. Dieses konnte danach über 500 Mal aufgeführt werden. Alfred Kerr betonte in seiner Kritik: „„Dieses Haus, geleitet von Max Reinhardt, ist heute für die Förderung dramatischer Dinge der edelste Ort – inmitten so vieler Geschäftsbetriebe.““ Bei einem Gastspiel in Wien mit dieser Inszenierung brachte im Frühjahr 1903 der Schriftsteller Hermann Bahr Max Reinhardt mit Hugo von Hofmannsthal zusammen. „Es war der Beginn einer langen und intensiven schöpferischen Zusammenarbeit.“ Die Reinhardt-Bühnen in Berlin Von 1902 bis 1933 arbeitete Max Reinhardt als Regisseur an verschiedenen eigenen Bühnen und gründete selbst Theater, vor allem in Berlin. Dort baute er mit den Reinhardt-Bühnen ein regelrechtes Theater-Imperium auf. Nach dem sensationellen Erfolg von Gorkis Nachtasyl übernahm er als zweiten Spielort das in Konkurs gegangene Neue Theater am Schiffbauerdamm, ein neobarockes Haus für 890 Zuschauer. Reinhardt holte seinen jüngeren Bruder Edmund (1875–1929) „als Geschäftsführer an seine Seite, einen peniblen Buchhalter mit der Sensibilität eines Künstlers. Damit war der erste Grundstein zum Theaterkonzern Reinhardt gelegt.“ Als Eröffnungspremiere zeigte Reinhardt Maurice Maeterlincks Pelleas und Melisande (1903) mit Lucie Höflich und Louise Dumont. Der Abend war außerordentlich erfolgreich. „Reinhardt machte Theater gegen die pathetischen Klassiker des Königlichen Schauspielhauses, aber auch gegen den milieugetreuen Naturalismus des Deutschen Theaters unter Brahm. [...] So wurde der Boden bereitet für den Zauber eines ganz anderen, sinnlichen Theaters.“ Durch kraftvolle Inszenierungen und ein gezieltes Zusammenwirken von Bühnenbild, Sprache, Musik und Tanz eröffnete Reinhardt dem deutschsprachigen Theater eine neue Dimension. Alfred Kerr bekannte im Januar 1904: „Reinhardt verdient ernstlich und von einem geistigen Standpunkt aus Dank: weil er den Kunstidealismus über das Kaufmannstum gesetzt hat.“ Zur Herbst-Spielzeit 1904 will Reinhardt im Theater am Schiffbauerdamm trotz zahlreicher Hürden eine Drehbühne installieren lassen, wie sie Karl Lautenschläger für Possart am Münchner Residenztheater hat schaffen lassen, sowie einen Kuppelhorizont mit installierter Beleuchtung. Einem Mitarbeiter klagt er: „In dem trüben Dunkel all der alten Bühnenhäuser haust das konservativste und faulste Pack, die schlimmsten Orthodoxen. Hätte ich all diesen Ochsen Gehör geschenkt, so wären wir nicht heute da, wo wir sind [...] die gottverfluchten Soffiten müssen ein für allemal verschwinden.“ – Max Reinhardt an Berthold Held, 21. Juli 1904 Die Inszenierung von Shakespeares Komödie Ein Sommernachtstraum im Neuen Theater am Schiffbauerdamm im Januar 1905 stellte einen theatergeschichtlichen Wendepunkt dar: „Ein Publikum, das bis dahin nur gemalte Kulissen und Soffitten gesehen hatte, erlebte plötzlich einen plastischen Wald mit knorrigen Stämmen, einen Wald als Labyrinth der Liebe. Ein Moosteppich bedeckte den Bühnenboden, Elfen sahe in ihren wehenden Schleiergewändern aus wie Blumen, und Glasscheiben im Hintergrund spiegelten wie ein See. [...] Und an Zwirnsfäden hüpften winzige Lichtbirnen, Glühwürmchen im Dunkel der Nacht. [...] Junge Menschen wurden von jungen Menschen gespielt. All das war damals eine Sensation.“ Das Berliner Publikum feierte erstmals den Regisseur als die prägende Kraft des Theaters. Im August 1905 veräußerte Reinhardt das Kleine Theater an Victor Barnowsky. Im Herbst 1905 bezogen der gerade erst 32-jährige Reinhardt und Else Heims das säulengeschmückte Palais Wesendonck am Berliner Tiergarten. Nachdem Adolph L’Arronge Brahms Vertrag nicht verlängert hatte, pachtete Reinhardt, der erfolgreiche Regisseur des Sommernachtstraums, das Deutsche Theater, seine frühere Wirkungsstätte als Schauspieler; 1906 kaufte er es samt den daran angrenzenden Häusern und Grundstücken für 2.475.000 Mark. In kurzer Zeit wurde das Deutsche Theater modernisiert, aller Plüsch entfernt, Drehbühne, Rundhorizont und eine Beleuchtungsanlage eingebaut und hinter dem Theater eine Produktionsstätte für Bühnenbauten geschaffen. Auf dem Nachbargrundstück, auf dem zuvor das Tanzlokal „Embergs Salon“ betrieben worden war, ließ Reinhardt mit Hilfe finanzieller Unterstützer durch William Müller die Kammerspiele einrichten, die zunächst jedoch nicht die erhofften Erfolge brachten. Zu Reinhardts Regieleistungen in den folgenden Jahren zählen sein Shakespeare-Zyklus (1913/1914, 1916), die „Modernisierung der deutschen Klassiker, seine Molière-Inszenierungen, mithin die Wiederentdeckung des komödiantischen Theaters für die deutsche Bühne: mit artistischen Commedia dell’arte-Improvisationen, Balleteinlagen, Musik und Schäferidyllen. Dazu die Pflege der zeitgenössischen Autoren: Hofmannsthal, Wedekind, Sternheim und Strindberg.“ Im Mai 1909 verlieh Carl Eduard Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha Reinhardt einen Professoren-Titel. Am 22. Juli 1910 heiratete Reinhardt die Schauspielerin Else Heims (1878–1958) in Maidenhead, mit der er zwei Söhne hatte, Wolfgang Reinhardt und Gottfried Reinhardt. Beide Söhne wurden Filmproduzenten in Hollywood. Nachdem sein Mietvertrag mit dem Palais Wesendonck nicht verlängert worden war, bewohnte Reinhardt von 1911 bis 1921 die Räume des Obergeschosses im Berliner Palais Magnus-Haus, das der Preußische Staat ihm zur Nutzung übergeben hatte. Großraumtheater und internationale Gastspiele Im September 1910 erprobte Reinhardt bei den Sommer-Festspielen in München mit König Ödipus von Sophokles in der Bearbeitung Hofmannsthals in der großen Festhalle auf der Theresienhöhe seine erste Großinszenierung („Arenaspiele“ samt Massenregie). Am 1. Dezember 1911 richtete er im Berliner Zirkus Schumann die Uraufführung von Hugo von Hofmannsthals Jedermann aus, wieder eine Großrauminszenierung, und die Uraufführung des Rosenkavaliers von Richard Strauss, für die er von Ernst von Schuch an die Semperoper nach Dresden engagiert wurde. Ebenfalls 1911, am 23. Dezember, inszenierte Reinhardt Karl Gustav Vollmoellers Pantomime Das Mirakel in der Londoner Olympia Hall mit nahezu fünftausend Plätzen. „Alles war auf Überwältigung angelegt. Laut Heinrich Braulich kostete die Produktion des Londoner ‚Miracle‘ [...] nahezu anderthalb Millionen Mark.“ Mit den genannten Inszenierungen errang Reinhardt international große Aufmerksamkeit, wobei sein internationaler Ruhm besonders in Europa sowie den Vereinigten Staaten von Amerika auf die Mirakel-Inszenierung von Vollmoeller zurückzuführen ist. Eine Einladung in die Vereinigten Staaten durch den Bankier Otto Hermann Kahn schlug er aus. Reinhardt wurde mit der Inszenierung des Rosenkavaliers auch ein früher Vorreiter des modernen Musiktheaters, indem er Sängern schauspielerische Leistungen abverlangte. Im September 1915 übernahm Reinhardt die Leitung der Volksbühne Berlin (bis 1918). Während des Ersten Weltkriegs gastierte Reinhardt im Übrigen mit seiner Truppe auf Wunsch der deutschen Regierung im neutralen Ausland. Samt einer transportablen Drehbühne, Dekorationen, Requisiten und Kostümen zeigte er 1916 Inszenierungen wie Totentanz, Faust und Sommernachtstraum in Städten wie Christiania und Stockholm, gastierte in den Niederlanden und 1917 in der Schweiz, Dänemark und abermals in Schweden. Im April 1918 erwarb er Schloss Leopoldskron, ein Salzburger Schloss aus dem 18. Jahrhundert mit großen Sälen, einem repräsentativen Treppenhaus, 40 Zimmern, „kaum Möbel[n], aber wertvolle[n] Stuckdecken, kostbare[n] alte[n] Barocköfen, Gemälde[n]“ und einem großen Park, das er von dessen Vorbesitzer, dem Salzburger Regierungsrat Karl Wolf, in verwahrlostem Zustand übernahm. Reinhardt ließ das Schloss umbauen und renovierte das Treppenhaus, die Große Halle und den Marmorsaal. Nach dem Vorbild der Stiftsbibliothek St. Gallen ließ er von Alfred Breslauer und Ernst Schütte eine prunkvolle Bibliothek einbauen. Im Schlosspark entstand ein kleines Gartentheater. Reinhardt ließ in seinem Schloss Theaterproduktionen zeigen, bei denen das Publikum von Raum zu Raum zog. Schloss Leopoldskron wurde zu einem bedeutenden Treffpunkt für Schriftsteller, Regisseure, Komponisten und Schauspieler. Im Mai 1918 begann Reinhardt mit der Umsetzung seines Traums vom Großraumtheater, indem er durch den Berliner Architekten und Bühnenbildner Hans Poelzig den Zirkus Schumann, eine vormalige Berliner Markthalle, zum Großen Schauspielhaus umbauen ließ. Das vermeintliche „Theater der Fünftausend“, das tatsächlich nur 3.200 Plätze umfasste, eröffnete am 29. November 1919 mit Aischylos’ Orestie, das jedoch an den „Realitäten der Nachkriegsmisere, dem Widerstand der Intellektuellen gegen die Marotten des ‚Zirkuskünstlers‘“ vorbeiging; die Presse reagierte überwiegend ablehnend. Gründung der Salzburger Festspiele und Rücktritt von der Direktion in Berlin Nachdem es Reinhardt in der unmittelbaren Nachkriegszeit immer schwerer gefallen war, seinen Vorrang an den Berliner Theatern zu behaupten, Leopold Jessner, der neue Intendant des Staatlichen Schauspielhauses in Berlin, seine ersten Erfolge am Gendarmenmarkt zu feiern begann, die Unruhen und das revolutionäre Klima die Theaterleute zunehmend auf Mitspracherecht dringen ließ und Reinhardts monumentales Projekt vom Großen Schauspielhaus die darin gesetzten Erwartungen nicht einzulösen vermochte, entschloss Reinhardt sich, die Leitung seiner Berliner Theater abzugeben und sich von Berlin zu lösen. Im Oktober 1920 gab er im Deutschen Theater bekannt, dass er Berlin verlassen werde. Die Direktion seiner Theater übertrug er auf seinen engen Mitarbeiter Felix Hollaender. Es zog Reinhardt nach Salzburg. Schon lange hatte er nach einem geeigneten Ort für Sommerfestspiele gesucht, die er zunächst in Zürich, Luzern oder Sils Maria anzusiedeln erwogen hatte, als „Friedenswerk nach dem Weltenbrand des Ersten Weltkrieges“. Nachdem er Schloss Leopoldskron erworben hatte, sollte Salzburg dieser Festspielort werden, und rief er gemeinsam mit dem Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal und anderen die Salzburger Festspiele ins Leben. Als Auftaktinszenierung dachte Reinhardt zunächst an Das Salzburger große Welttheater von Hugo von Hofmannsthal, das auf dem Mysterienspiel Das große Welttheater von Pedro Calderón de la Barca beruhen sollte, jedoch nicht rechtzeitig vorlag. Auch hatte Reinhardt den österreichischen Dichter Max Mell gebeten, ein Marienspiel aus dem 15. Jahrhundert zu bearbeiten. Tatsächlich wurden die Festspiele dann am 22. August 1920, „trotz aller Hindernisse, Intrigen, Bürgerproteste“ sowie der nach dem Weltkrieg bestehenden Ernährungsschwierigkeiten mit Hofmannsthals Mysterienspiel Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes eröffnet. Am Spielort auf dem Domplatz konnten die Kirchenglocken und die Domorgel einbezogen werden. In Hauptrollen traten unter anderem Alexander Moissi (Jedermann), Johanna Terwin (Buhlschaft), Heinrich George (Mammon) und Werner Krauß (Teufel) auf. In den folgenden Jahren verliefen weitere Gespräche über die Finanzierung der Festspiele – nicht zuletzt angesichts von Vorbehalten im österreichischen Kulturbetrieb gegen den „Berliner Effektenmann“ Reinhardt – zäh. Aus strategischen Gründen bat Hofmannsthal das Kuratoriumsmitglied Richard Strauss, den Präsidentenposten bei der Festspielhaus-Gemeinde zu übernehmen, nicht Reinhardt. Besondere Aufmerksamkeit erregten die Festspiele des Jahres 1923, als Molières Der eingebildete Kranke vor einer kleinen Gruppe von rund 60 handverlesenen Gästen auf Schloss Leopoldskron gespielt werden musste, weil sich die Salzburger Festspielhaus-Gemeinde außerstande sah, in diesem (ebenso wie im darauffolgenden) Sommer Festspiele abzuhalten. Theaterleiter zwischen zwei Welten Nach langen Verhandlungen in Wien gelang es Reinhardt 1923, vom Magistrat der Stadt die Konzession für die Leitung des traditionsreichen Josefstädter Theaters zu erhalten. Eine eigens von Industriellen und Bankiers gegründete „Wiener Schauspielhaus AG“ erwarb das Theater. Reinhardt ließ das Theater nach dem Vorbild des venezianischen Opernhauses Teatro La Fenice aufwändig umbauen. Seit der Eröffnung des Hauses am 1. April 1924 mit Goldonis Der Diener zweier Herren gehörten zum Ensemble neben den Thimigs „mit Wilhelm Dieterle und Otto Preminger zwei, die später in Hollywood Filmgeschichte schreiben würden, dazu kamen Berliner Bühnenstars wie Alexander Moissi oder Paul Hartmann.“ Die Leitung des Hauses gab er zwei Jahre später wieder ab. Ein erstes großes Amerika-Gastspiel führte Reinhardt zu Beginn des Jahres 1924 mit The Miracle in das Century Theatre nach New York (298 Vorstellungen). Vollmoellers Stück lief am Broadway fast ein Jahr lang. „Dann zog es von Küste zu Küste, fast vier Jahre lang, mit einer fünfhundert Mann starken Truppe, 3.018 Requisiten, von Domglockenspielen bis zum Bischofsstab.“ Als seine Berliner Bühnen unter seinen Nachfolgern zunehmend unter Besuchermangel litten und in schwieriges ökonomisches Fahrwasser gerieten, war Reinhardt anschließend wieder stärker in Berlin präsent (z. B. mit der erfolgreichen deutschen Erstaufführung von George Bernard Shaws Die heilige Johanna, Deutsches Theater, 14. Oktober 1924), ohne sich den jüngeren, politisch engagierteren Kollegen wie Leopold Jessner und Erwin Piscator anzuverwandeln. Im November 1924 eröffnete Reinhardt als intimes Boulevardtheater die Komödie am Kurfürstendamm, die Theaterarchitekt Oskar Kaufmann geschaffen hatte. Reinhardt, der nun im Gartenhaus des Berliner Schlosses Bellevue lebte, teilte seine Arbeit zwischen seinen österreichischen und Berliner Bühnen (Volksbühne, Großes Schauspielhaus, Deutsches Theater, Kammerspiele, Komödie am Kurfürstendamm) zunehmend auf und wertete seine Inszenierungen mehrfach aus. In Salzburg stand Reinhardt ab 1925 ein Festspielhaus zur Verfügung, die ehemalige fürsterzbischöfliche Winterreitschule, die nach Plänen des Salzburger Landeskonservators Eduard Hütter umgebaut worden war. Als Eröffnungspremieren wurden Hofmannsthals Großes Welttheater und Vollmoellers Das Mirakel gezeigt. Ab 1926 kam als weitere Spielstätte die Felsenreitschule am Fuß des Mönchebergs hinzu, auf der Reinhardt Goldonis Der Diener zweier Herren einrichtete. Während das internationale Renommee der Salzburger Festspiele kontinuierlich zunahm, zog Reinhardt sich in Salzburg mehr und mehr zurück. Ihm bereitete Unbehagen, dass der Jedermann sich zunehmend zum Touristenspektakel entwickelte. „Die Musik, das Opernprogramm, breiteten sich bei den Salzburger Festspielen immer weiter aus, die besten Sänger und Dirigenten zog es in die Stadt, und die Wiener Philharmoniker wurden zur Hauptattraktion. Reinhardt fühlte sich zunehmend in den Hintergrund gedrängt. Was war von dem gemeinsam mit Hofmannsthal ursprünglich erarbeiteten Konzept – die Wiedergewinnung alter Spiele in ihrer historisch-szenischen Realisation – geblieben?“ Zum zehnjährigen Bestehen der Festspiele wurde Reinhardt dann umfassend geehrt durch das Große Ehrenzeichen der Republik, das Aufstellen einer Bronzebüste Reinhardts im Festspielhaus und die Benennung des Platzes vor dem Gebäude nach Max Reinhardt. Im August 1931 eröffnete Reinhardt mit Shakespeares Was ihr wollt vor 250 Gästen aus aller Welt auch das seit Jahren geplante Gartentheater in Leopoldskron, nur um sich angesichts eines heftigen Gewitters nach Beginn der Aufführung sogleich von Freilichtaufführungen auf Leopoldskron ein für alle Mal wieder abzuwenden. Im Winter 1927/28 hatte Reinhardt ein Ensemble-Gastspiel mit seinen Berliner und Wiener Bühnen in New York gegeben, bei dem er drei Monate lang acht seiner wichtigsten Inszenierungen gezeigt hatte; der Bankier Otto H. Kahn Haus hatte die Künstler anlässlich der Premiere in seinem Anwesen am Central Park gefeiert. Kahn hatte Reinhardt ein New Yorker Festival-Theater am Broadway finanzieren wollen und hatte den aus Wien stammenden Architekten Joseph Urban mit der Planung betraut; zur Realisierung kam es jedoch nicht. An der New Yorker Columbia University hielt Reinhardt im Februar 1928 seine wirkmächtige „Rede über den Schauspieler“. Im Oktober 1928 wurde das Berliner Theater wiedereröffnet, das von den Reinhardt-Bühnen übernommen worden war. Nach dem Tod seines Bruders Edmund, der bislang die geschäftliche Verantwortung für den Reinhardt-Konzern getragen hatte, (sowie Hugo von Hofmannsthals) im Juli 1929, fiel die Konzernleitung plötzlich – zumal unter den äußerst erschwerten Bedingungen der kurz darauf anhebenden Weltwirtschaftskrise – an Max Reinhardt selbst. Ab 1929 nahmen die Einnahmen beständig ab. Seinem von ihm mit alimentierten Bruder Siegfried gegenüber klagte Reinhardt im September 1931, dass das „Deutsche Theater und die anderen Theater nichts bringen, sondern mit Defiziten und Schulden abschließen, dass es noch relativ günstiger ist, Berliner Theater und Kammerspiele vollkommen zu schließen, weil sie dann wenigstens nicht so viel Geld kosten, das sind Tatsachen, die er [d. h. Edmund Reinhardt] nicht vorhersehen konnte.“ Bald musste er zunächst den Betrieb der Kammerspiele einstellen; die Schulden des Unternehmens wuchsen. Erst 1932 gab Reinhardt die Leitung seines Berliner Theater-Konzerns endgültig auf. „Im Februar 1932 gab Max Reinhardt die Komödie und das Theater am Kurfürstendamm ab, im April legte er die Direktion des Deutschen Theaters nieder. Und verpachtete seine Berliner Theater für fünf Jahre“ an Rudolf Beer und Karl Heinz Martin. Im selben Jahr führte er noch Regie bei einer Hörspielproduktion von Heinrich von Kleists Schauspiel Prinz Friedrich von Homburg für die deutsche Reichs-Rundfunk-Gesellschaft. Die Flucht aus Deutschland Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten soll Reinhardt Deutschland am Abend des Reichstagsbrands in einem Schlafwagen verlassen haben. Die NS-Herrscher wollten Reinhardt zwar zunächst durch Einräumen einer „Ehren-Arierschaft“ halten, gingen aber zugleich durch das rückwirkende Ansetzen von Lustbarkeitssteuer für seine Berliner Theater durch das Berliner Finanzamt gegen ihn vor. Ungeachtetdessen führte Reinhardt auf einen ausdrücklichen Wunsch Mussolinis hin am 31. Mai 1933 eine Inszenierung des Sommernachtstraums im Boboli-Garten von Florenz aus. Nach seiner Flucht aus Deutschland schrieb er an die Hitler-Regierung: „Der Entschluß, mich endgültig vom Deutschen Theater zu lösen, fällt mir naturgemäß nicht leicht. Ich verliere mit diesem Besitz nicht nur die Frucht einer 37-jährigen Tätigkeit, ich verliere vielmehr den Boden, den ich ein Leben lang gebaut habe und in dem ich selbst gewachsen bin. Ich verliere meine Heimat.“ – Max Reinhardt an die Nationalsozialistische Regierung Deutschlands, 16. Juni 1933 Offensiven Störversuchen der NS-Propaganda zum Trotz lieferte Reinhardt im Salzburger Festspielsommer 1933 kurz vor seinem 60. Geburtstag eine international beachtete Faust-Inszenierung mit Paula Wessely als Gretchen, Ewald Balser als Faust, Max Pallenberg als Mephisto, dem jungen Herbert von Karajan als Dirigenten der Bühnenmusik und der von Clemens Holzmeister gestalteten Faust-Stadt als monumentalem Bühnenbild – einem Abbild des mittelalterlichen Salzburgs – ab. Reinhardt beharrte unbeirrbar auf der Absicht: „Goethes Deutschland der Welt am schönsten übermitteln“. Schon bald nahm die Bedrohungslage in Salzburg zu. Im Mai 1934 detonierte eine Bombe in der Nähe des Festspielhauses; im Juni 1934 „beschädigten Böllerwerfer das Tor und die Eingangshalle von Schloss Leopoldskron“; das Schloss erhielt militärischen Schutz. Eine zweite Inszenierung im faschistischen Italien (Kaufmann von Venedig, Campo di San Trovaso, 18. Juli 1934) bereitete Reinhardt in unmittelbarer räumlicher Nähe der ersten persönlichen Begegnung zwischen Mussolini und Hitler in Venedig vor. Als kurz darauf im Gefolge des Juliputsches und der Ermordung des österreichischen Bundeskanzlers durch NS-Putschisten die österreichisch-italienische Grenze vorübergehend geschlossen wurde, saß Reinhardt in Venedig fest. Auch angesichts einer angespannten Finanzlage, die dazu geführt hatte, dass Reinhardt sich wiederholt von Freundinnen wie Eleonora von Mendelssohn größere Summen geborgt und diese als Hypothek seiner Salzburger Liegenschaft hatte eintragen lassen, hatte er sich bereits seit 1930 immer stärker internationalen Aufgaben zugewandt. „Da sind die großen Gastinszenierungen, viele davon Freilichtaufführungen (wie in Florenz, Oxford, Venedig); dann die großen Musiktheateraufführungen von ‚Fledermaus‘ (in Kopenhagen, Paris, Mailand, San Remo) über ‚Die schöne Helena‘ (in London und Manchester) bis ‚Orpheus in der Unterwelt‘ (in Riga und Stockholm) – alle diese Inszenierungen liegen zwischen 1930 und 1934.“ Im Jahr 1935 drohte Reinhardt, der „fortwährend über seine Verhältnisse gelebt hat“ und der nun über keine eigene Bühne mehr verfügen konnte, eine erneute Pfändung und die Zwangsversteigerung seines Salzburger Schlosses. Diese konnten nur durch den Verkauf seiner Anteile am Theater in der Josefstadt in Wien abgewendet werden. Angesichts der Nähe Berchtesgadens als „Hauptquartier des Dritten Reiches“ fühlte sich Reinhardt auf Schloss Leopoldskron ohnehin nicht mehr „wohl und sicher“. In den Vereinigten Staaten zeigte er 1934 erfolgreich Shakespeares Ein Sommernachtstraum mit Mickey Rooney und Olivia de Havilland in der Hollywood Bowl – dort ließ Reinhardt eigens um die 100 Bäume pflanzen und setzte einen Fackelzug mit 1200 Fackeln von den Hügeln bis hinab zum ‚Märchenwald‘ durch –, im War Memorial Opera House in San Francisco und im Greek Theatre der University of California, Berkeley. Daraufhin verpflichtete Warner Brothers ihn für „den entsprechenden Film sowie zwei weitere große Projekte. Anfangsgage: 150.000 Dollar.“ Als Ko-Regisseur wurde Reinhardt sein ehemaliger Wiener Ensemble-Kollege William Dieterle zur Seite gestellt. Am 8. Oktober 1935, dem Vorabend der Premiere des Hollywood-Films, wurde zu Ehren Reinhardts im großen Ballsaal des Waldorf Astoria in New York ein „Testimonial Dinner“ gehalten, bei dem der Regisseur bereits seine Absicht bekanntgab, künftig ein Bürger Amerikas werden zu wollen. Der aufwändige Shakespeare-Film spielte seine „immensen Produktionskosten nicht ein, in Hollywood ein Desaster. Der Name Reinhardt stand fortan für: Kassengift.“ Im Juni 1935 hatte Reinhardt in Reno die Scheidung vollziehen lassen können und hat in zweiter Ehe die Schauspielerin Helene Thimig (1889–1974) geheiratet, aus einer berühmten Wiener Schauspielerdynastie. Ihre Bekanntschaft hatte er bereits 1913 gemacht. Zum Oktober 1917 hatte er sie als Schauspielerin dem Königlichen Schauspielhaus in Berlin abwerben können. Ihr Vater Hugo Thimig war Schauspieler und zeitweise Direktor des Wiener Burgtheaters. Auch ihre Brüder Hermann Thimig und Hans Thimig arbeiteten ihr Leben lang als Schauspieler und Regisseure. Da seine erste Ehefrau Else Heims sich einer Scheidung viele Jahre lang widersetzt hatte, war das Zusammenleben von Max Reinhardt und Helene Thimig „von Anfang an von Heimlichkeiten bestimmt. Selbst auf Schloss Leopoldskron hat sie dann nie die Hausherrin gegeben, [...] sie hat sich immer im Hintergrund gehalten, immer Gast unter Gästen gespielt.“ Im Schauspielerischen hingegen hatte sie ab den späten 1920er Jahren begonnen, sich von Max Reinhardt zu emanzipieren, nachdem sie gegen dessen Willen durchgesetzt hatte, dass sie am Theater in der Josefstadt mit großem Erfolg die Iphigenie unter fremder Regie (Richard Beer-Hofmann) spielen konnte. Im Frühjahr und Sommer 1931 hatten Reinhardt und Thimig sich eigens monatelang in Riga aufgehalten, um dort mittels des liberalen lettischen Scheidungsrechts am Bezirksgericht Riga eine rechtsgültige Scheidung Reinhardts von seiner Frau Else Heims auch gegen deren Willen zu erreichen; ohne seinerzeit zu wissen, dass die lettische Scheidung in manchen Ländern nicht anerkannt wurde; Heims hatte die Scheidung angefochten. In seiner letzten Saison bei den Salzburger Festspielen setzten die Regierung und die Salzburger Festspiel-Gemeinde durch, dass Reinhardt bei der Wiederaufnahme der Faust-Inszenierung zum Juli 1937 den Mephistopheles mit dem „ausgewiesenen Opportunisten und Antisemiten“ Werner Krauß besetzen musste; Reinhardt nahm für sich in Anspruch, immerhin hätten nicht die Nationalsozialisten, sondern habe er selbst den Schauspieler Krauß in den 1910er Jahren entdeckt. Reinhardt gab sich in dieser Hinsicht keinen Illusionen mehr hin. Einer Freundin schrieb er, Gustaf Gründgens, den er ebenfalls entdeckt habe, besäße nun in Berlin „auch meine Wohnung [d. h. das Gartenhaus von Schloss Bellevue], mein Wandbild und Einrichtungen, die man mir ohne ein Wort einfach weggenommen hat. [...] Soll ich gar von Hauptmann oder Richard Strauss sprechen?“ – Undatierter Brief Max Reinhardts an Eleonora von Mendelssohn [August 1937] Reinhardts letzte Inszenierung in Österreich war die Uraufführung von Franz Werfels In einer Nacht (Theater in der Josefstadt, Wien, 5. Oktober 1937). Emigration in die Vereinigten Staaten Noch im selben Monat reiste Max Reinhardt über Paris für einen längeren Aufenthalt in die Vereinigten Staaten; seine Frau folgte ihm drei Wochen später. Am 7. Januar 1937 hatte Reinhardt im Manhattan Opera House auf Anregung des früheren Journalisten und Zionisten Meyer Wolf Weisgal die außerordentlich aufwändige Bibelrevue The Eternal Road, die auf einem Oratorium Franz Werfels basiert, uraufgeführt, für die allabendlich über 1700 Kostüme, 59 Hauptdarsteller, 35 Tänzer und 14 Chorsänger zum Einsatz gekommen waren. Die erfolgreiche Inszenierung war nach 153 Vorstellungen ausgelaufen, „das Defizit auf 500.000 Dollar angewachsen. Weisgal war pleite. Und Reinhardt hatte nun auch in Amerika seinen Ruf weg: als Verschwender.“ Dieser Ruf prägte Reinhardts kommende Jahre in den Vereinigten Staaten. Unmittelbar nach seiner Ankunft als Emigrant in den Vereinigten Staaten im Oktober 1937 arbeitete Reinhardt zunächst in Hollywood. Zwei länger vorbereitete größere Filmprojekte für Warner in Hollywood scheiterten jedoch an einer Rezession der US-Volkswirtschaft und einem für die Filmbranche schwierigen ökonomischen Umfeld. Aus der Presse erfuhr er, dass im April 1938 sein Salzburger Besitz Schloss Leopoldskron, das er über 18 Jahre hinweg aufwändig renoviert und umgestaltet hatte, entschädigungslos enteignet wurde. Einer Nichte schrieb er später in diesem Zusammenhang: „Der Ertrag meiner Lebensarbeit war geraubt, als das Dritte Reich begann.“ Im Frühjahr 1939 ließ eine Mieterin des Schlosses ausgewählte Teile des Leopoldskroner Inventars zu Reinhardt nach Hollywood überführen. Reinhardt schätzte die US-Westküste sehr und versuchte, sich der amerikanischen Lebensweise anzupassen, konnte seine Stärken beim Anbahnen neuer Projekte jedoch aufgrund seiner begrenzten Englischkenntnis und seiner Befangenheit auf gesellschaftlichem Parkett kaum zur Geltung bringen, wie er seinem Sohn Gottfried später eingestand: „Ich habe nicht das Talent ‚to meet the people‘ in Hollywood.“ In Hollywood gründete Reinhardt am 26. Juni 1938 erneut eine Theater- und Filmakademie, den „Max Reinhardt: Workshop of Stage, Screen and Radio“, der in einem der Rundfunkgesellschaft CBS gehörenden Gebäude am Sunset Boulevard angesiedelt war. Marlene Dietrich und Thornton Wilder unterstützten die Schule zeitweilig, die jedoch die Aufmerksamkeit der Hollywood-Produzenten und -Agenten nicht auf sich ziehen konnte. Schauspieler Fritz Kortner stellte bei einer Aufführung des Workshop erstaunt fest, dass die den Filmmogulen bereitgestellten Sitze regelmäßig ungenutzt blieben: „Jene Filmgewaltigen hatten einst den Ozean gekreuzt, um eine Reinhardt-Inszenierung bei den Salzburger Festspielen zu sehen, und sich darum gerissen, Reinhardts Gäste auf Schloss Leopoldskron zu sein. [...] Wir sahen die immer noch hinreißende Aufführung seiner Theaterschule. Sie blieb ohne Widerhall.“ Im Rahmen der Kalifornischen Festspiele inszenierte Reinhardt im August 1938 im „Pilgrimage Outdoor Theatre“ in den Hollywood Hills erneut einen Faust, der anschließend auch in San Francisco gezeigt wurde. In Briefen vom November 1938, in denen Reinhardt vom „schmerzliche[n] und doch unvermeidliche[n] Vergnügen“ der Zeitungslektüre berichtet, sind deutlich Anflüge von Verzweiflung angesichts der weltgeschichtlichen Entwicklung erkennbar: „Es wäre vielleicht leichter zu ertragen, wenn das alles die fluchwürdige Tat eines bösen Genies wäre. Es ist aber ein rasender Tollhäusler, der mit gezücktem Messer herumläuft und herumbrüllt. [...] Ich glaube, dass alles, alles einen Sinn hat. Aber ich kann ihn nicht herauskriegen, so sehr ich darum kämpfe.“ – Brief Max Reinhardts an Helene Thimig, November 1938 Die Premiere von Thornton Wilders The Merchant of Yonkers nach Johann Nestroy am Guild Theatre in New York im Dezember 1938 in Reinhardts Regie wurde ein Misserfolg. Eine große Tournee seiner Schauspielschule endete 1939/1940 vorzeitig in San Francisco aufgrund der Veruntreuung von Geldern durch den Tourneemanager. Als Reinhardts Verträge mit Warner ausliefen, musste er sein großes Haus am Maravilla Drive in Hollywood veräußern und in das damals noch kaum erschlossene Pacific Palisades umziehen. Seine Misserfolge in Hollywood kommentierte er Francesco von Mendelssohn gegenüber später ironisch: „Dort erkannten die Warners und andere Ungläubige mich als zu schwerfällig für den Tanz um das goldene Kalb.“ Im November 1940 wurde Reinhardt Staatsbürger der Vereinigten Staaten. 1941 bezog der Max Reinhardt Workshop die Räumlichkeiten einer Laienspielschule für Armeeangehörige und konnte fortan ein eigenes kleines Theater nutzen. Die aufwändige praktische Arbeit des Unterrichtens und Inszenierens im Workshop überließ Reinhardt jedoch zunehmend seiner Frau, die sich mittlerweile intensiv die englische Sprache angeeignet hatte. Angesichts seiner desolaten finanziellen Lage und der zunehmenden Abhängigkeit von materieller Unterstützung durch seine Söhne zog Reinhardt im Mai 1942 nach New York. Seine Absicht war, dort wieder ein Ensemble bilden und ein künstlerisches Theater leiten zu können. Unmittelbar nach seiner Abreise musste seine Frau beim ‚Arbeitsamt‘ Arbeitslosenunterstützung beantragen; eine Grundlage für entsprechende Zahlungen gab es in den USA erst seit wenigen Jahren – seit dem „Social Security Act“ von 1935. Die doppelte Haushaltsführung – Reinhardt lebte nun im Gladstone Hotel in Manhattan – führte zu weiteren finanziellen Belastungen. Helene Thimig schätzte ihre gemeinsamen Aussichten wenig optimistisch ein: Max Reinhardt habe einsehen müssen, dass er „nur noch ein Name war, dem der Ruf voranging, ein ‚Regisseur kostspieliger und unzeitgemäßer großer Aufführungen‘ zu sein.“ Im Herbst 1942 bat Dirigent Erich Wolfgang Korngold Reinhardt kurzfristig um Unterstützung für eine Fledermaus-Produktion, die Reinhardts glückloser ehemaliger Assistent Felix Weissberger für die „New Opera Company“ übernommen hatte. „Die Premiere unter dem Titel ‚Rosalinda‘ am 28. Oktober 1942 im ‚44th Street Theatre‘ wurde dann tatsächlich ein Erfolg, das Stück lief noch in verschiedenen Häusern einige Monate nach Reinhardts Tod.“ Am 28. März 1943 starb Reinhardts enger Weggefährte Rudolf Kommer in New York. Am 4. Mai 1943 zeigte Reinhardt Irwin Shaws modernes, doch unzeitgemäßes Anti-Kriegsstück Sons and Soldiers im Morosco Theatre mit Stella Adler und Gregory Peck – ein Misserfolg. Reinhardts Verhandlungen mit den Geldgebern vom Broadway, die sich Reinhardts Wahrnehmung nach viel zu sehr am geschäftlichen Aspekt des Theaters orientierten, standen unter keinem guten Stern. Den Bitten seiner Frau zur Heimkehr nach Los Angeles widersetzte sich Reinhardt. In Zusammenhang mit den Bemühungen der österreichischen Exilorganisation „Free Austrian Movement“ um die Restitution des von den Nationalsozialisten geraubten Vermögens in Österreich unterzeichnete Reinhardt im Sommer 1943 einen Aufruf prominenter österreichischer Emigranten, sich einem geplanten „Austrian Bataillon“ zur Befreiung von Nazi-Deutschland anzuschließen. Bei einer Feier zum 70. Geburtstag, die sein Sohn Gottfried in Manhattan organisiert, die der Jubilar selbst vorab jedoch als „Leichenfeier“ gefürchtet hatte, zeigte sich Reinhardt mental angegriffen und wollte eine Laudatio des Festredners Carl Zuckmayer brüsk unterbinden. Am 24. September 1943 erlitt Reinhardt auf Fire Island in einer Telefonzelle bei einer Rauferei seines Scottish Terriers mit einem größeren Rüden mehrere Hundebisse und zeigte anschließend aufgrund eines Schlaganfalls Sprachstörungen. Am 31. Oktober 1943 starb Max Reinhardt wenige Wochen nach seinem 70. Geburtstag in seinem New Yorker Hotel. Reinhardt liegt auf dem jüdischen Westchester Hills Cemetery, Hastings-on-Hudson, Westchester County, New York – rund 35 Kilometer nördlich der Stadt New York – begraben, auf dem auch George Gershwin und später Lee Strasberg beigesetzt wurden. Die Familie betrachtete die Beisetzung im Bundesstaat New York nur als „vorübergehende Lösung“ bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Doch beließen die Hinterbliebenen es später bei dieser Grabstätte und ließen Reinhardts Sarg 1956 in die Gruft unterhalb eines kleinen Mausoleums auf dem Friedhof verlegen, da Reinhardt sich zu Lebzeiten entschlossen gezeigt hatte, „weder Deutschland noch Österreich jemals wieder zu betreten“. Wichtige Wirkungsstätten Berlin Max Reinhardt war Mitbegründer der Kleinkunstbühne Schall und Rauch in Berlin im Jahre 1901. Daraus entwickelte sich 1902 das Kleine Theater Unter den Linden, das er von 1903 bis 1905 leitete. Daneben führte er das Neue Theater (Theater am Schiffbauerdamm). Im Oktober 1905 übernahm Max Reinhardt das Deutsche Theater in der Schumannstraße als das führende traditionsreiche Ensemble des deutschen Sprechtheaters. „Das unsinnliche Literaturtheater Otto Brahms reüssierte nicht mehr. Der Sachwalter naturalistischer Stileinheit, durch den Stilbrecher Reinhardt zudem in eine Randposition geraten, wird vom Verpächter und Eigentümer Adolph L’Arronge ins Lessingtheater abgedrängt […]“ Im gleichen Monat hatte er die Schauspielschule des Deutschen Theaters eröffnet, um junge Menschen „das Handwerk zu lehren, das einen goldenen Boden hat“, und zugleich „Ideale zu verbreiten, deren Boden nicht immer golden ist“. Im Nebengebäude des Deutschen Theaters gründete Reinhardt die Kammerspiele. 1919 wurde das Große Schauspielhaus in Berlin nach Plänen von Hans Poelzig aus dem ehemaligen Circus Renz, später Schumann, errichtet (nach dem Krieg in Friedrichstadt-Palast umbenannt). Als Dank für die Hilfe und Unterstützung seines Freundes Karl Gustav Vollmoeller wurde zur Eröffnung dessen Bearbeitung von Aischylos' Orestie unter der Regie von Reinhardt aufgeführt. Reinhardt leitete das Große Schauspielhaus bis 1920. Vor allem hier entwickelte er den neuen Stil der Massenregie mit großen Statistenchören und aufwändiger Bühnenmaschinerie. Mit dieser Form des Schautheaters wurde er international bekannt. Das Große Schauspielhaus wurde aber auch wegen Routineinszenierungen als „Zirkus Reinhardt“ verspottet. 1924 gründete er die Komödie am Kurfürstendamm und engagierte Bertolt Brecht und Carl Zuckmayer als Dramaturgen für das Deutsche Theater, das er bis 1930 leitete. Salzburg 1920 begründete er in Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal, dem Komponisten Richard Strauss, dem Bühnenbildner Alfred Roller und dem Wiener Hofoperndirektor Franz Schalk die Salzburger Festspiele. Die erste Aufführung, Hofmannsthals Jedermann, fand am 22. August 1920 auf dem Domplatz statt. Reinhardt leitete 18 Jahre lang das Schauspiel der Salzburger Festspiele. 1937 führte er mit Goethes Faust letztmals Regie, wofür ihm Clemens Holzmeister in der Felsenreitschule die berühmte Faust-Stadt erbaute. Nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 wurde am 30. April 1938 bei der Bücherverbrennung auf dem Residenzplatz in Salzburg auch die Max Reinhardt-Monographie von Siegfried Jacobsohn verbrannt, bei deren Verbrennung gerufen wurde: „Möge das Feuer auch Schimpf und Schand verzehren, die unserer deutschen Stadt von diesem Geschmeiß geschah. Frei und deutsch sei die Stadt Mozarts!“ Wien Vom 1. April 1924 bis 1933 – und damit teilweise gleichzeitig mit dem Deutschen Theater – leitete Reinhardt das Theater in der Josefstadt in Wien, das er durch seinen Theaterkonzern erwarb und umbauen ließ. Das aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert stammende Theater in der Josefstadt wurde von 1923 bis 1924 einem von Reinhardt angeregten Umbau im Stil des Teatro La Fenice in Venedig unterzogen. Das von Reinhardt geführte glanzvolle Ensemble erwarb sich rasch internationale Berühmtheit, viele der Darsteller vermochten eine erfolgreiche Filmkarriere aufzubauen. Zum Ensemble zählten unter anderen Hans Albers, Albert Bassermann, Else Bassermann, Herbert Berghof, Theodor Danegger, Lili Darvas, Vilma Degischer, Ernst Deutsch, Wilhelm Dieterle, Tilla Durieux, Lucie Englisch, O. W. Fischer, Egon Friedell, Rudolf Forster, Adrienne Gessner, Käthe Gold, Marte Harell, Paul Hartmann, Maria Holst, Oskar Homolka, Attila Hörbiger, Gusti Huber, Hans Jaray, Oskar Karlweis, Fritz Kortner, Hilde Krahl, Fred Liewehr, Peter Lorre, Christl Mardayn, Alexander Moissi, Hans Moser, Erich Nikowitz, Hans Olden, Max Paulsen, Otto Preminger, Luise Rainer, Hortense Raky, Richard Romanowsky, Annie Rosar, Marianne Schönauer, Oskar Sima, Camilla Spira, Hans Thimig, Johanna Terwin-Moissi, Helene Thimig, Hermann Thimig, Hugo Thimig, Jane Tilden, Gustav Waldau, Gisela Werbezirk, Paula Wessely, Lina Woiwode. Werner Krauß gehörte 1924 zu den Mitbegründern des Josefstadt-Ensembles, trat an diesem Theater jedoch nie auf. Am 1. April 1924 wurde zur Wiedereröffnung Der Diener zweier Herren von Carlo Goldoni in Reinhardts Regie aufgeführt. Bereits am 9. April folgte die nächste Reinhardt-Inszenierung: Kabale und Liebe von Friedrich Schiller (Bühnenbild und Kostüme Alfred Roller). Am 16. April schließlich wurde Reinhardts Neuinszenierung von Hugo von Hofmannsthals Der Schwierige (Bühnenbild Oskar Strnad) gezeigt. Weitere Regiearbeiten während seiner Zeit als Direktor waren: Dame Kobold von Calderon de la Barca (3. Mai 1924) Der Kaufmann von Venedig von William Shakespeare (26. Mai 1924) Schöne Frauen von Rey (14. Oktober 1924) Ein Sommernachtstraum von Shakespeare (4. Februar 1925) König Lear von Shakespeare (13. März 1925) Gesellschaft von John Galsworthy (8. April 1925) Juarez und Maximilian von Franz Werfel (26. Mai 1925) Riviera von Ferenc Molnár (23. Dezember 1925) Die Gefangene von Bourdet (21. Mai 1926) Dorothea Angermann von Gerhart Hauptmann, Uraufführung (20. November 1926) Viktoria von William Somerset Maugham (27. November 1926) Der gute Kamerad von Tristan Bernard (11. Mai 1927) Peripherie von František Langer (1. Juni 1927) Der lebende Leichnam von Leo Tolstoi (31. Oktober 1928) Artisten von Watters-Hopkins (28. November 1928) Der Kaiser von Amerika von George Bernard Shaw (11. Januar 1930) Das schwache Geschlecht von Bourdet (8. Mai 1931) Was ihr wollt von Shakespeare (11. November 1931) Mademoiselle von Jacques Deval (10. Juni 1932) Auf Anregung von Reinhardt hin wurde 1929 das Wiener „Max Reinhardt Seminar“ gegründet. Zu den Schauspielern des Theaters gehörten auch Künstler, die nach 1933 in Deutschland nicht mehr auftreten durften oder wollten und nach Wien auswichen, wie Reinhardt selbst. Nach dem Ende seiner Amtszeit inszenierte er unter seinem von 1933 bis 1935 amtierenden Nachfolger Otto Preminger: Faust I von Johann Wolfgang von Goethe (4. September 1933) Die geliebte Stimme von Jean Cocteau zusammen mit Wir wollen träumen von Sacha Guitry (21. Februar 1934) Sechs Personen suchen einen Autor von Luigi Pirandello (6. März 1934) Maria Stuart von Schiller (22. März 1934) Ab 1935 bereitete Reinhardt seine Emigration in die Vereinigten Staaten vor. In der Direktionszeit von Ernst Lothar (1935–1938) führte Reinhardt noch einmal Regie: In einer Nacht von Franz Werfel (5. Oktober 1937). Dies war Reinhardts letzte Arbeit in Europa. USA Reinhardt hatte sich mit dem US-amerikanischen Theater seit seinen ersten Gastspielen in den Vereinigten Staaten schwer getan, da „der Amerikaner“ insbesondere „Sensationsstücke oder sentimentale verkitschte Liebesromane“ liebe. Er wolle „nach des Tages Last vergessen und entweder Mund und Nase aufsperren, lachen oder weinen können. Er braucht das Leben, denn er ist noch ein Kind oder will es wenigstens außerhalb des ‚business‘ sein. Und er stellt sich das ‚Leben‘ entweder sensationell oder versüßt vor, jedenfalls immer so, wie er es nicht erlebt.“ – Max Reinhardt: Deutsches und amerikanisches Theater. Ein Gespräch [1928] So sehr Reinhardt die langen Laufzeiten einzelner US-Inszenierungen faszinierten, so sehr blieb ihm als Vertreter eines ‚kultivierten‘ europäischen Theatergeschmacks, eines Schauspieler- und Ensembletheaters mit Stoffen, aus denen der Zuschauer lernen könne, das US-Theater zugleich doch fremd. 1937 eröffnete er in Hollywood den Max Reinhardt Workshop for Stage, Screen and Radio, eine Art Theater- und Filmakademie, doch verzögerte sich der Unterrichtsbeginn bis in den Juni 1938, da sich zeitweilig kein geeignetes Schulgebäude hatte finden lassen. Für den Max Reinhardt Workshop am Sunset Boulevard von Hollywood war auch seine Frau Helene Thimig als Dozentin und Direktorin tätig. Nach dem Rückzug Reinhardts aus der aktiven Mitarbeit am Workshop 1941 zog Reinhardt nach New York. Er hatte immer wieder danach gestrebt, seinen Wirkungsbereich ganz nach New York zu verlegen, wovon er sich am ehesten eine „Kontinuität seiner bisherigen Lebensarbeit“ versprach. „Sein Wunschziel war es, die kommerzbedingten Mechanismen der Stücke-Produktion zu durchbrechen und dem für seine Begriffe illegitimen Trusttheater eine weitgehend von künstlerischen Anliegen bestimmte stehende Bühne mit festem Ensemble und auf längere Sicht hin geplantem anspruchsvollem Repertoire gegenüberzurücken [...].“ Nachlass Der Großteil des Nachlasses wird in einer Sondersammlung an der Universität von Binghamton (New York) verwahrt. In Salzburg bestand einige Jahre eine Max-Reinhardt-Forschungsstätte. Diese ist heute dem Archiv der Salzburger Festspiele angeschlossen, wobei auch viele Unterlagen aus Binghamton in Kopie vorliegen. Weitere Teile des Nachlasses bewahrt das Theatermuseum Wien. Theater- und filmgeschichtliche Bedeutung Theaterästhetik Reinhardts künstlerischer Werdegang war durch seine ersten schauspielerischen Erfahrungen als Darsteller in Schwänken, Possen und Volksstücken am Wiener Vorstadttheater, am Sommertheater im damals ungarischen Pressburg sowie dem Salzburger Landestheater geprägt, an denen er auf der Bühne „stehen, gehen, sitzen“ und sprechen gelernt hatte. Aber das meiste habe er doch als junger Zuschauer „im Burgtheater gelernt, im Burgtheater, das damals für den jungen Schauspieler eine Art Universität war,“ wie Reinhardt sich Jahrzehnte später erinnerte. In Abgrenzung vom naturalistischen Theater des 19. Jahrhunderts soll sich bereits der junge Reinhardt in einem Gespräch mit seinem späteren Dramaturgen Arthur Kahane 1902 zu einem festlichen und opulenten Theater bekannt haben: „Was mir vorschwebt, ist ein Theater, das den Menschen wieder Freude gibt. Das sie aus der grauen Alltagsmisere über sich selbst hinausführt in eine heitere und reine Luft der Schönheit. Ich fühle es, wie es die Menschen satt haben, im Theater immer wieder das eigene Elend wiederzufinden und wie sie sich nach helleren Farben und einem erhöhten Leben sehnen.“ – Max Reinhardt, 1902 (aus dem Gedächtnis zitiert durch Arthur Kahane) Im Zentrum von Reinhardts Theater stand die Schauspielkunst und die Schauspielerpersönlichkeit, von der die gesamte Theaterkunst ihren Ausgang nehmen sollte, wie er 1924 betonte: „Heute und für alle Zeit muß der Mensch im Mittelpunkt aller Schauspielkunst stehen, der Mensch als Schauspieler. Wo der Schauspieler zugleich dramatischer Schriftsteller ist, hat er die Kraft, eine Welt nach seinem eigenen Bild zu schaffen und so das Drama zu seiner höchsten Lebensform zu erwecken – wie Shakespeare und Molière. Wer auch immer irgendetwas mit dem Theater zu tun hat, sollte Schauspieler sein. Ob er die Schauspielkunst ausübt oder nicht ist die zweitrangige Frage.“ – Max Reinhardt: Über die Bedeutung des Schauspielers, 1924 Reinhardts Ideal stellte daher ein Theater dar, das den Regisseur als Mittler zwischen Autor und Schauspieler nicht benötigte. Dass die Regisseure dennoch notwendig seien, sei nur dadurch bedingt, dass Bühnenschriftsteller ihr Handwerk nicht recht verstünden. An die Schülerinnen und Schüler, die an seinen wechselnden Schauspielschulen („Schauspielschule Berlin“ ab 1905, „Max Reinhardt Seminar“ in Wien ab 1929 und „Max Reinhardt Workshop for Stage, Screen and Radio“ in Hollywood ab 1938) Unterricht in Schauspiel und Regie nahmen, appellierte er, als Darsteller das Natürliche und Menschliche in sich zu suchen und mit Leidenschaft zu gestalten, wie er in einer Lehrveranstaltung im Frühjahr 1929 im Schönbrunner Schlosstheater betonte: „Seien Sie wahr! Hören Sie auf, Komödie zu spielen. Fangen Sie lieber gar nicht damit an. Weder im Leben noch auf der Bühne. Die stärkste Macht des Komödianten ist die Wahrheit, die letzte, die innerlichste, brennende Wahrheit. [...] Lernen Sie sich selbst kennen. Ertappen Sie sich unbarmherzig auf jeder Lüge. Werden Sie wesentlich. Es ist nicht die Welt des Scheins, die Sie heute betreten, es ist die Welt des Seins.“ – Max Reinhardt zu Schauspielschülerinnen und -schülern des Max Reinhardt Seminars, 1929 Anlässlich seines 25-jährigen Bühnenjubiläums gab Reinhardt als Direktor des Deutschen Theaters in seiner wirkmächtigen „Rede an die Schauspieler“ 1930 erneut seiner Überzeugung von der herausragenden Rolle der Schauspieler im Theater Ausdruck: „Ich glaube an die Unsterblichkeit des Theaters. Es ist der seligste Schlupfwinkel für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt und sich damit auf und davon gemacht haben, um bis an ihr Lebensende weiter zu spielen. Die Schauspielkunst ist aber zugleich die Befreiung von der konventionellen Schauspielerei des Lebens, denn: Nicht Verstellung ist die Aufgabe des Schauspielers, sondern Enthüllung.“ – Max Reinhardt, Rede an die Schauspieler, 1930 Doch auch der Raumgestaltung, der Handhabung von Dekoration, Kostüm, Farbe, Licht, Musik und Geräuschen kam zentrale Bedeutung in Reinhardts Regiekonzeption zu. Für seine Inszenierungen suchte er „neue Räume und szenische Möglichkeiten, bespielte kleine Kammertheater und große Arenen, Plätze, Gärten und Kirchen; dafür ließ er bühnentechnische Mittel wie Drehbühne, Rundhorizont oder die Beleuchtung weiterentwickeln und gab ihnen eine dramaturgische Funktion“. Die Statik des alten wilhelminischen Theaters war aufgehoben. Reinhardt „verbannte auch die sogenannte Fußrampe, eine grelle Lichtsoffitte, die Dekorationen und Schauspieler von unten her bestrahlte, mithin Stuhl- und Tischbeine sowie die Schauspieler bis zur Taille in hellstes Licht eintauchte. Reinhardt sorgte als Erster für eine direkte, durch Tür und Fensteröffnung einfallende Beleuchtung [...].“ Nach Auffassung seines Sohnes Gottfried organisierte Max Reinhardt die Bühnen seines Theaterkonzerns in den 1920er Jahren nach wirtschaftlichen Prinzipien, die denen großer Filmstudios ähnelten: „Es habe ein festes Jahresprogramm, ein fest engagiertes Ensemble, eigene Werkstätten, Aktionäre, mannigfaltige Absatz- und Produktionsstätten gegeben, dazu einen ungeheuer vielseitigen Spielplan, der von der Massenschau bis zum Zwei-Personen-Stück, von hoher Kultur bis zu leichter Unterhaltung reichte. Stoffe habe man nicht nur angenommen und realisiert, sondern für die eigenen Häuser und den Export unter Anleitung gefertigt.“ Reinhardts Theaterästhetik rief schon früh auch Kritik hervor. Reinhardt erschien als „theatralischer Exponent des Wilhelminismus. Vor allem Alfred Kerr lehnte seine eklektizistischen, sinnlichen Inszenierungen ab. Dennoch: Es war Reinhardt, der dem Regietheater zum endgültigen Durchbruch verhalf, nicht zuletzt, weil er seine Arbeit als Regisseur akribisch ernst nahm, wie die erhaltenen Regiebücher beweisen.“ Filmschaffen Obgleich der Film innerhalb des Reinhardt'schen Oeuvres im Vergleich zu der Fülle von Theaterinszenierungen nur „eine marginale Position“ innehatte, war Max Reinhardt an sich weitaus stärker als die meisten Theaterleute seiner Zeit auch am Filmmedium interessiert. Er hat als Regisseur und gelegentlich auch als Produzent eigene Filme gedreht. Seine erste Inszenierung für den Film war Sumurûn (1910). Danach gründete er in Wien eine eigene Filmfirma und sollte bei der Literaturverfilmung Das Mirakel (1912) Regie führen. Nach Kontroversen um die Mirakelinszenierung, die 1912 in der Wiener Rotunde lief, zog Reinhardt sich aus dem Projekt zurück. Der Autor des Stückes und Reinhardts Freund und Intimus Karl Gustav Vollmoeller besorgte in Absprache mit dem Berliner Produzenten Joseph Menchen den französischen Regisseur Michel Carré, der den begonnenen Film nach seinem Drehbuch zu Ende drehte. In beiden Fällen handelte es sich um Theaterverfilmungen. 1913 schloss Reinhardt mit der Berliner Projektions-AG „Union“ (PAGU) von Paul Davidson einen Vertrag. Für eine Gage von 200.000 Reichsmark (1.136.897 Euro) drehte er die in Italien produzierten Stummfilme: Die Insel der Seligen und Eine venezianische Nacht, ein Werk seines Freundes Karl Gustav Vollmoeller. In beiden Filmen verlangte Max Reinhardt seinem Kameramann Karl Freund einiges ab, da er auch Spezialaufnahmen wie etwa von der Lagune im Mondlicht verlangte. Die Insel der Seligen wurde von der Kritik vor allem dahingehend gelobt, da Reinhardt „größeres Gewicht auf die Deutlichkeit des Ausdruckes und die Belebung des Mienenspiels legte“. Der durch erotischen Spielstil auffallende Film spielte zum einen Teil in der Antike, in der Meergötter, Nymphen und Faune vorkamen und die Schauspieler nackt in Erscheinung traten, und zum anderen Teil in der Gegenwart, den strengen Sitten angepasst. Die mehrheitlich aus Berlin stammenden Schauspieler mussten, wie es in den Stummfilmen der Zeit häufig war, Doppelrollen verkörpern: eine in der Vergangenheit und eine in der Gegenwart. So spielten Wilhelm Diegelmann und Willy Prager sowohl die spießigen Väter als auch die Meergötter, und Ernst Matray einen Junggesellen und einen Faun. Leopoldine Konstantin mimte die Circe. Weite Teile des Films hätten jedoch der Filmzensur zum Opfer fallen sollen. Hierbei handelte es sich neben Nacktszenen auch um „die ersten von Meisterhand gedrehten Sexszenen“, die im Zensurbericht wie folgt umschrieben wurden: „Im II. Akt ‚Menschen in Sicht‘ haben die Szenen der nackten Najaden bis zu dem Augenblicke entfernt zu werden, wo sich dieselben umwenden und in Wasser springen. Ferner mit Ausschluß der Szene, wo der Faun von Amors Pfeil gestochen wird und konvulsische Zuckungen macht, wo er das Mädchen betastet und fortträgt, weiters müssen die Szenen entfernt werden, wo das Mädchen am Boden liegt und vom Faun gestreichelt wird, wo sie der Meergott dem Faun entreißen will, so daß die Szene erst wieder einsetzt, wo der Jüngling das Mädchen rettet. Im III. Akt aus der Szene Philister auf der Insel der Seligen, wo Circe mit den beiden Alten auf der Bank sitzt, muß alles entfernt werden von dem Augenblicke, wo ihre Dienerin den Zaubertrank bringt. Weiters muß die Liebesszene zwischen Circe und den beiden Junggesellen wegbleiben. Nur beim Wegbleiben aller hier aufgezählten Szenen darf der Film zur Vorführung gelangen.“ Tatsächlich aber wurde nicht geschnitten wie vorgeschrieben. In Eine venezianische Nacht von Karl Gustav Vollmoeller (1914) spielten ebenfalls Schauspieler vom Deutschen Theater. Maria Carmi spielte die Braut, Alfred Abel den jungen Fremden, und Ernst Matray erhielt von Reinhardt dieses Mal die Rollen von Anselmus und Pipistrello. Die Dreharbeiten, die am Bahnhof von Venedig begannen, fielen vor allem dadurch auf, dass die anwesenden Venezianer von einem Fanatiker gegen die deutschsprachigen Filmschaffenden aufgehetzt wurden, die sich in der Folge auf den Filmapparat stürzten und die Aufnahmen blockierten. Als die Polizei eintraf, wurden jedoch nicht die Unruhestifter, sondern die Filmschaffenden festgenommen. Erst auf Intervention eines deutschen Konsuls konnten die Dreharbeiten unter Anwesenheit von Polizei fortgesetzt und fertig gestellt werden. 1935 inszenierte Reinhardt seinen einzigen Film in den USA, A Midsummer Night’s Dream (Ein Sommernachtstraum), zusammen mit William Dieterle (Filmmusik von Erich Wolfgang Korngold nach Felix Mendelssohn Bartholdy). Der Film für Warner Brothers, der „durch eine Hollywood-Ästhetik dominiert“ ist, die „im Vergleich zur Inszenierung kitschig wirkt“, wurde mit großem Aufwand produziert und vereinte eine Starbesetzung, doch an den Kinokassen hatte er wenig Erfolg. Reinhardt entdeckte während dieser Zeit auch Olivia de Havilland, die in diesem Film ihr Debüt gab. Aber auch seine Theaterarbeit empfing vom Film starke Anregungen. Da er die Stilisierungskonzeption seines Theaters allzu sehr auf den Film übertrug und die eigenen Ausdrucksmittel des Films nicht schöpferisch zu verwerten verstand, fanden seine Filme bei Kritik und Publikum jedoch nur kühle Aufnahme. Im Gegensatz zu vielen anderen Bühnenregisseuren, die den „Kintopp“ für niedere Unterhaltung hielten, ermutigte Max Reinhardt seine Darsteller, für den Film zu arbeiten. Er gründete am 2. Oktober 1905 die Schauspielschule Berlin, der er allerdings wenig Zeit widmete, und am 13. November 1928 das Max Reinhardt Seminar in Wien, das alle zwei Jahre als „Ensemble-Preis“ den „Max-Reinhardt-Preis“ verleiht und von deren Absolventen eine große Zahl beim Film Karriere gemacht hat. Bedeutung erlangt haben auch die Schauspieler, die zum Ensemble des durch Reinhardt 1900 gegründeten Berliner Kabaretts Schall und Rauch gehörten (darunter Trude Hesterberg und Rosa Valetti). Ehrungen 1909 – Professoren-Titel, verliehen durch den Herzog von Coburg 1912 – Ritter der Ehrenlegion 1918 – Vorgeschlagen zur Erhebung in den Adelsstand; aufgrund des Endes der Habsburgermonarchie kam es nicht mehr zu einer Entscheidung 1930 – Dr. h. c. in Frankfurt und Kiel 1930 Komtur 2. Klasse des dänischen Dannebrogordens 1933 – Dr. h. c. in Oxford Nach Max Reinhardt wurden benannt: 1947 die Reinhardtstraße in Berlin-Mitte (Umbenennung der früheren Karlstraße) 1949 die Max-Reinhardt-Gasse im Wiener Bezirk Penzing 1951 die Max-Reinhardt-Schule für Schauspiel in West-Berlin die Max-Reinhardt-Straßen in Bensheim und Gütersloh sowie der Max-Reinhardt-Weg in Osterholz-Scharmbeck das Max-Reinhardt-Gymnasium in Berlin-Hellersdorf (wurde 2008 wegen sinkender Schülerzahlen geschlossen) 2001 der Asteroid (16705) Reinhardt Zentralbilder. Pressefotografie in der DDR Die Bilder sollten um die Welt gehen. Auf Einladung des US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower traf im September 1959 Nikita Chruschtschow als erster sowjetischer Regierungschef zu einem Besuch in den USA ein. Nach der Begrüßung auf dem Washingtoner Luftwaffenstützpunkt Andrews begab er sich auf eine zweiwöchige Rundreise durch das Land des „Klassenfeindes". Aus Sorge darum, welche Bilder dieses historischen Ereignisses die Leser in der DDR zu Gesicht bekommen, versicherte sich ADN-Zentralbild (ADN-ZB), die staatliche Bildagentur der DDR, schon im Vorfeld des Besuchs der Unterstützung durch die sowjetische Schwesteragentur Fotochronik-TASS. Die Bildagentur wollte damit sicherstellen, nicht allein auf die Lieferungen der kooperierenden westlichen Agenturen wie der Associated Press oder der (West-)Deutschen Presse-Agentur angewiesen zu sein. Über befreundete Redaktionen in Italien kaufte ADN-Zentralbild zusätzliche Fotos, die nach Aussage der Bildagentur „die katastrophalen Lebensverhältnisse in den amerikanischen Städten" zeigen würden. Mithilfe der TASS-Fotos, so hieß es auf der Redaktionssitzung nach dem USA-Besuch, hätte man somit in der gesamten Bildberichterstattung in den Medien der DDR nicht einzig allein auf „Fotos aus, amerikanischer Optik'" zurückgreifen müssen. Dieser Plan sei aber fehlgeschlagen. Die eigens eingekauften Bilder von den „katastrophalen Lebensverhältnissen" in den USA hätten die Redaktionstische der DDR-Bezirkszeitungen zu spät erreicht. Im Ergebnis, so der Leiter von ADN-Zentralbild, Walter Heilig, hätte die Bildberichterstattung durch das von der Bildagentur herausgegebene Material über die USA „sehr prächtige Luftaufnahmen usw. – ein zu wirkungsvolles Bild über die USA" vermittelt. Die Strategie der kontrastierenden Pressefotografien war also in den Augen der Verantwortlichen gescheitert, und das zu einem Zeitpunkt, an dem die Arbeit der einzigen Bildagentur der DDR ohnehin unter erhöhter Beobachtung stand. Erst wenige Monate zuvor war die Bildberichterstattung insgesamt von höchster Stelle kritisiert worden. Auf der 3. Pressekonferenz des Zentralkomitees der SED Mitte April 1959 hatte das Politbüro per Beschluss die Abkehr von „starren und gestellten Fotos" gefordert. Pressefotografien hätten „das pulsierende Leben darzustellen und den Menschen zu zeigen, der die sozialistische Gesellschaft gestaltet" habe. Ein gutes Pressefoto, heißt es weiter, müsse „Bewegung atmen und die für das Ganze gültigen Details überzeugend ausdrücken". Bilder für die neue Generation Dieses Beispiel aus der täglichen Redaktionsarbeit und die politischen Stellungnahmen verdeutlichen das wachsende Interesse der SED und ihrer Medieninstitutionen an der Pressefotografie, deutlich sichtbar ab Ende der 1950er-Jahre. Die Verantwortlichen waren sich bewusst, dass man im Bereich der Pressefotografie dringend Bildkonzeptionen finden müsse, welche die parteipolitischen Vorgaben mit den gestiegenen Ansprüchen an einen modernen, zeitgemäßen Bildjournalismus, auch in Konkurrenz zum Fernsehen, miteinander verbinden konnten. Die Erwartungen an die Medien waren diesbezüglich groß. Das galt insbesondere nach dem V. Parteitag der SED 1958. Dort hatte die Partei das „Ganze", dessen Details die Bilder auszudrücken hätten, neu definiert. Walter Ulbricht sprach an dieser Stelle euphorisch von der „neuen sozialistischen Umwälzung" und proklamierte, dass „das Reich des neuen Menschen […] gekommen" sei. Verstärkt wurde diese Debatte nach dem Bau der Mauer 1961, der eine kurze Phase der Liberalisierung in der Medien- und Kulturpolitik einleiten sollte. Die Zielgruppe eines modernisierten Medienangebots war vor allem die Nachkriegsgeneration. Die DDR sollte als junger und dynamischer Staat präsentiert werden, um gerade den Jüngeren ein stärkeres Identifikationsangebot bereitzustellen – und zwar mit Bildern, die zeigen sollten, „wie die Menschen arbeiten, wie sie durch die sozialistische Gemeinschaftsarbeit immer neue Erfolge erringen und wie die ständige Aufwärtsentwicklung in unserer Republik ihr Leben reicher und schöner macht". Dieses Ziel stärkte den Wunsch nach einer funktionalen Ikonografie, welche die Gegenwart des „modernen, neuen Deutschlands" – wie es auf dem VII. Parteitag 1963 formuliert wurde – angemessen wiedergeben könne. Vom Medium Pressefotografie wurde von offizieller Stelle dabei viel erwartet, was auf der 4. Journalistenkonferenz Ende 1964 abermals bekräftigt wurde. Fast alle monografischen Publikationen zum Thema Bildjournalismus erschienen in diesen Jahren – und wurden bis 1989 auch nicht mehr wesentlich überarbeitet. Die Institution der staatlichen Bilderwelt Charakterisiert man die publizistische Bilderwelt der DDR, kann die Agentur ADN-Zentralbild, als eine Abteilung des staatlichen Nachrichtendienstes ADN, als Epizentrum der „staatstragenden Bilder in den linientreuen Massenmedien" bezeichnet werden. Die Geschichte dieser Agentur ist die einer dauerhaften Einbindung von Fotografie in die politische Agitation. Zentralbild versorgte die gesamte Publizistik der DDR mit aktuellen Inlands- und Auslandsbildern sowie das Ausland mit Bildern aus der DDR. Ihre Sichtweise war unmissverständlich definiert: „Die Bildagentur des sozialistischen Staates ist eine ideologische Institution, die bestimmte Erscheinungen der gegenständlichen Wirklichkeit vom Standpunkt der Arbeiterklasse auswertet." Hierbei verließ sich die SED-Führung in der Regel auf die bildjournalistische Arbeit vor Ort oder in den Agenturräumen. Angesichts drohender Konsequenzen für die berufliche Stellung oder Karriere im Falle der Beanstandung durch die Auswertungsabteilungen des ZK oder des Presseamts funktionierte bereits die eigene „Schere im Kopf" und machte eine (Vor-)Zensur weitestgehend überflüssig. Fotos nicht erwünschter „Erscheinungen" wurden gar nicht erst gemacht. Im Aktenbestand des Politbüros und der ZK-Abteilung Agitation und Propaganda finden sich fernschriftliche Presseanweisungen, die nahezu ausschließlich die Wortberichterstattung betrafen, kaum jedoch „optische Presseanweisungen", also Vorgaben für Fotografen. Tauchten dennoch einmal nicht „passende" Bilder in den Redaktionen auf, wie beispielsweise Aufnahmen von Funktionären, die aufgrund von Parteisäuberungen oder politischen Richtungswechseln in Ungnade gefallen waren, so verschwanden diese im Sperrarchiv. In besonders heiklen Fällen bediente man sich verschärfter Kontrollmaßnahmen, wie der Flugzeugabsturz einer Interflug-Maschine in Königs Wusterhausen 1972 illustriert: Mit Ausnahme der zur Veröffentlichung freigegebenen Bilder mussten alle Negative an das Presseamt beim Ministerpräsidenten übergeben werden. All dies geschah unter Kontrolle und Überwachung durch das Ministerium für Staatssicherheit, das von Anfang an methodisch gegen unliebsame Bilder arbeitete. Von ILLUS zu Zentralbild Die Wurzeln von ADN-Zentralbild gehen – wie die des ADN – auf die Arbeit der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) und deren Gründung der „Berliner Zeitung" 1945 zurück. Nachdem die SMAD relativ schnell die Kontrolle der Zeitung dem Magistrat für Groß-Berlin übergab, gehörte die „Berliner Zeitung" zunächst zum Allgemeinen Deutschen Verlag. Diesem war auch eine kleine dreiköpfige Illustrationsabteilung, kurz ILLUS angeschlossen, die laut Statut für den Vertrieb von Bildern verantwortlich war und schlagartig wuchs, als ihr Ende Oktober 1945 die SMAD einen großen Teil des Bildarchivs vom ehemaligen Berliner Scherl-Verlag zuwies. Ab Ende 1945 gehörte ILLUS offiziell dem Berliner Verlag an, der sich als GmbH Anfang Oktober 1945 aus der „Berliner Zeitung", dem Verlag Neuer Weg und der Gesellschaft zur Erforschung zeitgenössischer Dokumente mit Erlaubnis des Magistrats gegründet hatte. Zusammen mit den Bildern wechselten auch neun Mitarbeiter vom Scherl-Archiv zu ILLUS, darunter auch dessen Leiter Dr. Robert von Wahlert, der bei ILLUS diese Position weiter ausübte, und der erste ILLUS-Bildreporter Bruno Heinscher. Bis Ende 1946 ging es bei der Illustrationsabteilung weniger um die Produktion eigener Bilder als um die Sichtung des übergebenen Scherl-Archivs sowie um die Belieferung der „Berliner Zeitung" und der Presse in der SBZ mit Archivmaterial. Man arbeitete aus diesem Grund eng mit dem Sowjetischen Nachrichtenbüro und dessen Fotoabteilung zusammen. Erst ab dem Frühjahr 1947 wurden weitere Bildreporter fest angestellt, und es wurde mit dem Vertrieb aktueller Bilder begonnen. Mit dem zweiten Bildreporter, Walter Heilig, kam auch Helmut Rudolph zu ILLUS und – nur für kurze Zeit – Kurt Reimann, ebenfalls ein ehemaliger Angestellter des Scherl-Archivs. Parallel kaufte die kleine Agentur Bilder von frei arbeitenden Fotografen an. Aus einem vermutlich Anfang 1948 von Walter Heilig verfassten Personalplan für ILLUS geht hervor, dass Heinscher und Reimann nicht lange dort beschäftigt gewesen sein können. In dem Plan werden für den Aufbau eines festen Stamms von zehn Bildjournalisten neben den schon vorhandenen Fotografen Eva Kemlein, Walter Heilig und Helmut Rudolph weiterhin vorgeschlagen: Herbert Hensky, Albert Kolbe, Paul Iglarz, Herbert Blunck, das Duo Toby (vermutlich Günther Meyer) und Mady (Meyer) sowie Otto Donath. Eva Kemlein kam 1948 zu ILLUS, blieb aber nur bis 1950. Bis zu ihrem Wechsel zu ILLUS war sie Bildreporterin der „Berliner Zeitung". Es werden allerdings auch Fotografen genannt, die nach Ansicht Heiligs nicht in Betracht kommen würden. Bis zu Beginn der 1950er-Jahre wuchs ILLUS kontinuierlich. Nachdem das Sowjetische Nachrichtenbüro aufgelöst wurde, erhielt die Abteilung das Recht auf den Alleinvertrieb der Bilder der sowjetischen Agentur Fotochronik-TASS und damit das Monopol in der Auslandsberichterstattung. Die Illustrationsabteilung des Berliner Verlags war zu „ILLUS, Illustrations-Zentrale für Presse, Buch und Werbung, dem größten deutschen Pressearchiv" geworden, wie in der ersten Werbeanzeige in dem Verbandsorgan „Neue Deutsche Presse" im Februar 1948 zu lesen war. Die in der Folgezeit erscheinenden Anzeigen verdeutlichen, wie sich das politische System nach und nach in die Pressefotografie einschrieb. Mit der Gründung der DDR und der endgültigen Übernahme des stalinistischen Modells der „Presse neuen Typs" musste die SED-Führung feststellen, dass die Presse als „schärfste Waffe der Partei" bisher unterschätzt worden sei. Die Ansprüche stiegen – und ILLUS wuchs sowohl hinsichtlich der Auftragslage als auch personell. Anfang des Jahres 1950 wurde die Agentur weiter ausgebaut und neue Bildreporter eingestellt. So stieß insbesondere Horst Sturm dazu, der mit Walter Heilig und Erich Zühlsdorf zu den prägenden Fotografen der Aufbauphase gehören sollte. Es folgten Fotografen wie Hans-Günter Quaschinsky oder Peter Heinz Junge im Juni 1951, die ebenfalls zur ersten Generation der DDR-Bildreporter zu zählen sind. Ende 1951 war die kleine Illustrationsabteilung endgültig zu „eine[m] Helfer der demokratischen Presse im Kampf für den Frieden" geworden. Aus diesem Grund war es 1952 laut offizieller Sicht „zweckmäßig, notwendig und entsprechend der Perspektive der Agentur richtig", ILLUS aus dem Berliner Verlag herauszulösen und als Zentrale Bildstelle, kurz: Zentral-Bild GmbH, in die Eigenständigkeit zu überführen. Bereits 1951 erschien die erste Anzeige von Zentral-Bild. Doch nicht allein die „Perspektive der Agentur" war ausschlaggebend für die Herauslösung. Dahinter stand vielmehr das Amt für Information, das zu diesem Zeitpunkt wichtigste Instrument staatlicher Medienlenkung. Die endgültige Verstaatlichung Anfang 1955 wurde darüber nachgedacht, Zentralbild an den ADN anzuschließen. Der Doppelcharakter von Zentralbild als volkseigener Betrieb und als „Regierungsstelle" bereitete Probleme, sowohl in Fragen der Leistungsfähigkeit, der Rentabilität als auch der Leitung. Zu diesem Ergebnis kam eine interne Untersuchung durch die ZK-Abteilung Presse und Rundfunk, die zunächst nur eine enge Verbindung zwischen ADN und Zentralbild vorschlug. Dieses Ergebnis der Untersuchung wurde allerdings ignoriert. Schon wenige Monate später wurde Zentral-Bild vollständig in den ADN integriert. Die erhofften Synergieeffekte von Wort- und Bildberichterstattung blieben allerdings aus. In einer verbandsinternen Debatte stellte man fest, dass noch mehr zu tun sei, um „neue Formen der Bildpublizistik und Bildjournalistik" zu entwickeln. 1957 gewann diese Diskussion mit einem Artikel in der „Neuen Deutschen Presse" erneut an Bedeutung. In dieser Kritik wurde Zentralbild zwar nicht namentlich genannt, die Antwort der Agentur ließ trotzdem nicht lange auf sich warten. Dort wurde dem Verfasser zumindest teilweise Recht gegeben. Intern arbeitete man weiter an einer Lösung der Probleme. Im Frühjahr 1958 bat der ADN die ZK-Abteilung Agitation und Propaganda, für einen aktuellen Bilderdienst Verbindungen nach Westdeutschland sowie Westeuropa aufnehmen zu dürfen. Aber auch unmittelbar nach der 3. Pressekonferenz mit ihrer programmatischen Forderung nach einem neuen sozialistischen Pressebild und mit Blick auf die geplante Medienoffensive mahnte die ZK-Abteilung Agitation an, dass die „prinzipielle Rolle von ADN-Zentralbild" im Verhältnis zwischen sozialistischer Presse und ADN zu klären sei. Eine weitere, direkte Reaktion auf die Forderungen der Pressekonferenz war eine internationale Konferenz von Bildjournalisten, die 1960 unter gemeinsamer Federführung des ADN mit dem Verband Deutscher Journalisten (VDJ, ehemals VDP) und dem Internationalen Journalistenverband (IOJ) durchgeführt wurde. Parallel dazu fand die erste internationale Fotoausstellung „Interpress-Foto 1960" statt, auf der Bilder sowohl aus sozialistischen als auch kapitalistischen Ländern präsentiert wurden. Man wollte sich betont offen zeigen. Von Konferenz wie Ausstellung zeigte sich der Gastgeber Zentralbild zufrieden: Man hätte erreicht, Fotos mit einer politischen Aussage zu prämieren, „die der Zielsetzung der IOJ dienlich sind". Auf der anderen Seite wären die sozialistischen Bilder immer noch zu starr, um „unserem Inhalt noch stärker Ausdruck zu verleihen". An dieser Stelle bemängelte Walter Heilig erneut das zu geringe Engagement der eigenen Bildreporter, Bilder einzuschicken – ein Problem, das die Ausstellungen des Verbands auch in Zukunft stets begleiten sollte. So zeigte er sich unzufrieden mit der zeitgleich stattfindenden kleineren und bisher nicht beachteten Ausstellung, die unter dem Titel „Pressefotos aus der DDR – Bildjournalisten berichten" eine Art erste Leistungsschau darstellte. Einem zwangsläufigen Vergleich mit der „Interpress" könnten die Bilder nicht standhalten, so das deutliche Urteil. Das Jahr 1963 – Der Höhepunkt der Auseinandersetzung Im Jahr 1963 erreichte die Auseinandersetzung um die Qualität der Nachrichtenfotos von Zentralbild und die Suche nach einer sozialistischen Pressefotografie ihren ersten Höhepunkt. Konferenzen, Publikationen und Ausstellungen wie die 1. Pressefotoschau der DDR sollten endlich den anvisierten Bildjournalismus sichtbar werden lassen. ADN-Zentralbild wurde weiterhin offen für sein Bildangebot kritisiert.] Die Kritik umfasste aber zudem Fragen nach der Wirtschaftlichkeit und reichte bis zur Infragestellung der Konzeption der Agentur selbst. Andererseits wollte man auch die Redaktionen unter Druck setzen. Zentralbild wurde aufgefordert, eine „Aussprache mit dem zuständigen Genossen des ZK [anzustreben, um] über Möglichkeiten des Einwirkens auf die Presse hinsichtlich eines stärkeren Abdrucks guter ZB-Fotos [zu sprechen]". Die Qualität der Bilder, so wiederum die Kritik aus den Redaktionen, sei (ob Ost oder West) oft sehr schlecht, Bilder würden zu spät geliefert oder wichtige Ereignisse gänzlich fehlen. Die Auseinandersetzungen im Jahr 1963 mündeten in einem offenen Gespräch Anfang September und wenige Wochen darauf in einer Zentralvorstandssitzung des Journalistenverbands in Berlin. An dem Gespräch mit der „Neuen Deutschen Presse" beteiligte sich die gesamte Leitung des ADN-Zentralbilds. Hier wurden die Kritikpunkte gebündelt formuliert. Die Bilder Zentralbilds seien immer noch zu schablonenhaft und routiniert und ließen nach wie vor eine breite Motivauswahl vermissen, insbesondere vom Kulturleben. Als Ursachen wurden angeführt: Unzulänglichkeiten im Vertrieb, zu wenig Personal, die Raumnot sowie die räumliche Trennung zwischen der Leitung, der Redaktion ADN-Zentralbild und den Wortredaktionen des ADN. Aber auch die mangelnde systematische politische und fachliche Qualifizierung wurde für das schlechte Angebot verantwortlich gemacht. Erstmals befasste sich anschließend auch das höchste Gremium des VDJ ausschließlich mit „Stand und Perspektive der Bildjournalistik". Schon in der Konzeptionsphase der Sitzung vermerkte man den Rückstand in der bildjournalistischen Arbeit. Mit der obligatorisch gewordenen Erinnerung an die 3. Pressekonferenz 1959 stellte der Vorstand fest, dass gerade bei Tageszeitungen „Primitivität und der Schematismus" besonders stark in Erscheinung treten würden. Die großen Schwächen wären, so der Vorstand weiter, Bilder aus Politik und Alltag. Diese Worte bezogen sich auch auf die zu diesem Zeitpunkt laufende 1. Pressefotoschau der DDR. Hier hätte, so das Protokoll, „fast völlig die Darstellung unseres breiten demokratischen Lebens, an dem jeder Bürger irgendwie teilhat [gefehlt]. Gleichzeitig wird das Neue in den menschlichen Beziehungen und im gesellschaftlichen Leben noch zu wenig dargestellt." Eine Ausstellung wie diese sollte im Jahr des VI. Parteitags und der Verabschiedung des „Neuen Ökonomischen Systems der Leitung und Planung" die passenden Bilder liefern. Über 185 Fotografen folgten dem im April 1963 veröffentlichten Aufruf des VDJ und der Zentralen Kommission Fotografie (ZKF) zur Teilnahme an einem Wettbewerb zum Thema: „Unsere Republik – Zukunft der Deutschen Nation". Erstmalig zeige eine Ausstellung, so die Organisatoren, gleichberechtigt die Bilder von Fotokorrespondenten, Amateuren und Bildreportern. Die Ausstellung sei in enger Verbindung mit der im Frühjahr 1963 gemeinsamen abgegebenen Erklärung des VDJ und der ZKF zu sehen. In der Eröffnungsrede am 25. September 1963 verwies Werner Eberlein, Mitglied der Agitationskommission beim Politbüro des ZK der SED, auf die in knapp einem Monat stattfindenden Volkswahlen. Als „Rechenschaftsbericht unseres Lebens", so Eberlein, würde die erste Ausstellung dieser Art das gesetzte Motto erreichen und die DDR als Zukunft der Deutschen Nation zeigen. Wie schon im Vorfeld der Ausstellung bedauerte man auch an dieser Stelle ausdrücklich das Fehlen von bekannten Profifotografen. Konrad von Billerbeck sprach in seiner Eröffnungsrede zur Sitzung offen von „Disziplinlosigkeit". Das wiederholt auftretende Desinteresse an Ausstellungen wie der 1. Pressefotoschau oder auch der III. Interpress in Warschau war gut anderthalb Jahre später der offizielle Auslöser zur Gründung der Fotogruppe „signum". Konkret war diese Gruppe das Ergebnis einer Beratung des Präsidiums und der Berliner Bezirksdelegiertenversammlung im März 1965. An dieser Stelle wurde über die Schaffung einer Journalisten-Akademie gesprochen als Ergänzung zur Deutschen Journalistenschule in Leipzig und den dort angesiedelten „journalistischen Meisterklassen". Als solche Meisterklasse wurde in einer der folgenden Sitzungen auch „signum" bezeichnet. Diese zunächst dreizehnköpfige Fotogruppe unter der Leitung Konrad von Billerbecks versammelte viele DDR-Fotografen der ersten Generation wie Herbert Fiebig, Horst Sturm, Herbert Hensky oder Alfred Paszkowiak. Auf der VDJ-Sitzung 1963 unterstrich man am Ende noch einmal deutlich den Propaganda- bzw. den Erziehungsauftrag des Bildjournalisten. Ziel müsse es sein, eine erzieherische Wirkung gegenüber dem Bildbetrachter zu erreichen. Ein sozialistischer Bildjournalismus könne sich nicht darin erschöpfen, „daß [...] der Leser kühl und sachlich ein Bild registriert, sondern daß er von einem Vorgang innerlich bewegt wird, daß er mitfühlt mit den abgebildeten Menschen, daß er an ihren Handlungen seine eigene Handlungsweise überprüft und, wenn nötig, auch korrigiert. Bildjournalismus ist – wir müssen es wiederholen – eine Form der ideologischen Arbeit." Ideologische Festigung des Mediums Diese Aussage als auch die skizzierten Einblicke in die Geschichte der Bildagentur und die Debatten über die Pressefotografie zeigen, dass es an politisch-normativen Vorgaben für das Pressebild nicht mangelte. Einen wichtigen Beitrag dazu lieferten die Theorien des sozialistischen Bildjournalismus. Der größte argumentative Aufwand galt dabei der Einheit von journalistischer Objektivität und Parteilichkeit: Erst der parteilich agierende, typisierend auswählende Bildreporter könne „objektive" und „wahrhaftige" Pressebilder herstellen. Die daraus entwickelten „Prinzipien sozialistischer Bildnachrichtenpolitik" blieben für den bildjournalistischen Alltag jedoch folgenlos. Ähnliches gilt für die ebenfalls Anfang der 1960er-Jahre einsetzende Rezeption der Arbeiterfotografie der 1920er-Jahre. Die in der Debatte nach 1959 oft bemühte historische Kontinuitätslinie zur Fotografie der „Arbeiter-Illustrierten-Zeitung" (A.I.Z.), welche als Vorläufer der eigenen publizistischen Bilderwelt bemüht wurde, war mehr ein Postulat als eine Tatsache. Die Tradition der Arbeiterfotografie konnte in der DDR zu keinem Zeitpunkt ernsthaft wiederaufleben. Gleiches gilt für den Versuch, über die Zentrale Kommission für Fotografie Amateure als Fotokorrespondenten für die Arbeit in den Medien nachhaltig zu begeistern. Auf Seiten des Verbands wurde auch versucht, mit neuen Ausbildungsrichtlinien, mit der Arbeit in den Sektionen und pressefotografischen Ausstellungen Anschluss zu finden. Doch zufriedenstellend waren die Ergebnisse nur selten. Noch 1968 nahm der Verband sich vor, „mehr als bisher, Kenntnisse über die Arbeit mit dem Bild zu vermitteln". Selbst nach Meinung der maßgeblichen Akteure wie dem Journalistenverband oder ADN-Zentralbild wurde man den formulierten Zielen sozialistischer Bildpolitik nicht gerecht. Doch welche Pressefotografien den dargestellten Anforderungen hätten gerecht werden können, blieb trotz aller ideologischer Klärungsversuche, Verweise auf die Arbeiterfotografie oder neuerlicher Pressefotoschauen weitestgehend unklar. Trugbilder autoritärer Bildpolitik Die staatlich kontrollierte Bilderwelt sollte wie die Medien insgesamt die Bevölkerung mobilisieren und in das politische System integrieren, was eine hohe Akzeptanz seitens der Bevölkerung voraussetzte. Das war aber nicht der Fall. Der journalistischen Professionalisierung, die diese Akzeptanz hätte herstellen können, waren enge Grenzen gesetzt, vor allem durch die auf Machtsicherung fixierte autoritäre Grundstruktur der Medien, aber auch durch die stets knappen wirtschaftlichen Mittel. Diese Grenzen galten für ADN-Zentralbild im zweifachen Sinne, wie die Jahre 1962/63 deutlich zeigen. Erstens litt die Agentur organisatorisch permanent unter finanziellen, personellen und technischen Problemen. Dem Ziel einer „sozialistischen Weltagentur" näherte man sich allein aus diesen Gründen bis 1989 nicht. Zweitens wirkten diese ideologischen Grenzen auch auf die produzierten Bilder selbst: Die häufig beklagte „Schablone" war nichts anderes als die Schablone eines politischen Systems, das den nicht-starren, offenen Blick und dessen bildliche Dokumentation fürchtete. Indem die SED-Medienpolitik die Eigendynamiken journalistischer Professionalisierungen mit ideologischen Grenzen konfrontierte und überlagerte, schuf man – vor allem in der politischen Berichterstattung – eine auf Dauer ritualisierte, entleerte (und letztlich auch gescheiterte) Medienpropaganda. So wie sich ein Großteil der Bevölkerung immer mehr gegen die Bleiwüsten in der Zeitung immunisierte, so wirkungslos wurden auf Dauer die Bildlandschaften des Mitte der 1960er-Jahre ausgerufenen „neuen Antlitz des Sozialismus", der Protokollbilder des reisenden Staatsratsvorsitzenden oder der Bilder von überglücklichen Menschen am 1. Mai. Diese Fotografien reproduzierten über vierzig Jahre lang eine offizielle Ikonografie einer Gesellschaft, in der sich zweifach Ideologie einschreiben sollte – zum einen in die Realität und zum anderen in Zentralbildern, die vortäuschten, diese Realität wiederzugeben.